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Englische
Kunst.
Meissel und manchen Erzgiesser beschäftigten, die Bauten des
Perpendicularstyles erhielten neben der verschwenderisch ge-
häuften architektonischen Decoration auch wieder reichen Statuen-
schmuck, der Luxus der Gräber stieg noch immer, und die zum
Theil noch vorhandenen Contracte und Nachrichten nennen zahl-
reiche Namen englischer Meister. Aber der Geist ist aus diesen
Werken gewichen. Die Statuen an den Kirchen, selten heilige
Gestalten, meistens Mitglieder des Königlichen Hauses oder
grosser Familien, deren Beiträge die Geistlichkeit empfangen
hatte oder wünschte, sind den Verhältnissen des Baustyls ent-
sprechend von kleiner Dimension und dabei nüchtern, ausdrucks-
los, die Grabgestalten werden durch die wachsende Pedanterie
des Costüms und durch den gegen die Mitte des fünfzehnten
Jahrhunderts hinzukommenden kleinlichen Realismus nur noch
schwerfälliger und starrerißi).
Der Verfall der Malerei, der in den Zeiten Heinrichs VII.
so entschieden war, dass von nun an die englische Kunst-
geschichte lange Zeit nur von der Thätigkeit fremder Künstler
zu erzählen hat, ging ohne Zweifel dem der Plastik unmittelbar
zur Seite. Auch der Gang der Architektur steht damit in enger
Verbindung; das Wohlgefallen an den spröden, geradlinigen und
abstracten Formen des Perpendicularstyles setzt ein Absterben
Den Beweis dafür giebt das Bildwerk der stolzesten Grabstätte dieser
Zeit, der Beauchampkapelle in der Stiftskirche zu Warwick, welche die
Gemahlin des ritterlichen Richard Beauc-hamp, Grafen von Warwiek 1435),
zu seinem Andenken, jedoch erst 1442, gründete. Erst 1453 wurde der
Contract über die Anfertigung des Grabes mit dem Marmorarbeiter John
Essex, dem Giesser William Austen und dem Kupferschmidt Thomas Stevyns
geschlossen, welche jedoch wieder nicht die Erfinder waren, sondern nach
einem ihnen gelieferten Modell (according to patterns] arbeiteten. Knochen
und Adern der Hände sind peinlich ausgeführt, das Gesicht ist sehr leblos,
aber offenbar mit beabsichtigter Portraitähnlichkeit, der Kopf wie es jetzt
Sitte wird, unbedeckt, aber mit sehr schematisch behandeltem Haare. Die
trauernden Verwandten, schwerfallige Gestalten von kurzen Körperverhält-
nissen, erinnern an dasxTrauergefolge der Herzoge von Burgund in Dijon
und lassen einen niederländischen Einfluss vermuthen. Auch war ein nieder-
ländischer Goldschmidt, Bartolomaeus Lambespring dabei beschäftigt, um
Austen's Arbeit zu vollenden und gu poliren, so dass es nicht undenkbar
ist, dass dieser der Erfinder war. Abbildungen bei Stothard pl. 121-126.