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Englische
Kunst.
geschlossen, Welche die darauf ruhenden Gestalten von vergo]-
detem Kupfer und Messing. und zwar nach einer schon vorhau-
denen, also entweder von ihnen oder von anderen Künstlern ge_
fertigten Skizze ausführen sollten xi). Allein ungeachtet aller dieser
Vorsorge sind die Gestalten starr und geistlos und geben den
entsehiedeilen Beweis norh tieferen Verfalls der Kunst.
Fast scheint es, dass der englische Geschmack die Steifheit
der Grabgestalten, etwa vermöge einer Ideenverbindung mit der
Grabesruhe, verlangte; wenigstens wendete man sich auch da
steiferen Formen zu, wo es ilieht ohne Bewusstsein: geschehen
konnte. So werden die Geistlichen Anfangs in der Casula, dem
Weiten, über den Kopf gezogenen und auf den Armen ruhenden
Messgewailtle abgebildet, welches nothwvndig breite, in der Mitte
sich senkende Querfalten und dadurch ltlannigfaltigkeit und be-
Weg1ere Formen gab. Später, etwa seit dem Jahre 1360, kommt
dieser Gebrauch ab und die Priester werden nun meistens in der
Cappa (Pluviale), einem ebenfalls weiten, aber vorn geöffneten,
über der Brust von einer Agraffe zusammengehaltenexi Mantel
dargestellt. Auch auf dem Fcstlande entstand dieser Gebrauch,
wurde aber keineswcges zur ausschliesslicheil Regel und jeden-
falls suchten die Bildner auch diesem Kleide eine freiere Bewe-
gung zu geben, was sehr leicht geschehen ltonnte. Die englische
Grabsculptur aber sah darin eine Gelegenheit zur grösseren
Geradlinigkeit; sie dachte sich den Mantel von sehr steifem
Stoffe, liess ihn mit ängstlicher Regelmässigkeit in gleicher Breite
faltenlos auf beiden Seiten herabfallen und kam so zu einem fast
kegelförmigen Umrisse der Figur, den sie mit unermüdlicher Ge-
duld wiederholte.
Aehlliißil verhielt es sich mit den ritterlichen Gestalten. In
der vorigen Epoche hatte man sie, wie wir gesehen haben, gern
in lebendiger, fast gewaltsamer Bewegung dargestellt, die Hand
am Schwertgriß, den Oberkörper halb gewendet, die Beine ge-
m] Rymer Foedera IV. 2., S. 105 und 106. „Henri Yevele et Stephan
Lote, citeins masons de Londre, und Nicholas Broker et Godfrey Press,
citeins et copersmythes de Londre" hiessen die Contrahenten, und es ist
bemerkenswerth, dass im französischen Texte das englische Wort des Ge-
werbes gebraucht ist. Welcher Art der "Patron esteant en 1a garde du trösor"
gewesen, nach dem sie sich richten sollten, ist nicht ersichtlich.