Miniaturen.
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sam ist und an die effbctvolle Kühnheit der angelsächsischen Mi-
niatoren erinnert.
Beispiele der einen und der anderen Art geben zwei im brit-
tischen Museum befindliche Handschriften des Psalters. Der
eine (Arundel. B. 83] hat insofern ein sicheres Datum, als er
zufolge einer in der Mitte des Buches befindlichen Notiz im Jahre
1339 von einem gewissen Robert de Lyle seiner Tochter ge-
schenkt, und mithin der vorangehende Theil des Buches mit sei-
nen Miniaturen etwas älter istät). Der darauf folgende Theil ist
später und zwar wahrscheinlich mit nicht unerheblichem Zwi-
schenraume, vielleicht am Ende des Jahrhunderts, entstanden,
der englische Ursprung beider dagegen ilicht zu bezweifeln, da
die Kalenderheiligen des Anfanges ihn andeuten und hinten, und
zwar bei der Darstellung der Legende von den drei Todten, eng-
lische Worte (Ich wes wel fair) vorkommen. Die Darstellungen
in den Initialen beziehen sich auf den Text der Psalmen und eine
Reihe selbstständiger Bilder, je sechs aufjeder Seite, erzählen
die evangelische Geschichte in gewohnter Weise, dagegen kom-
men, sowohl im früheren als im späteren Theile des Codex alle-
gorische, mehr oder weniger tiefsinnige Darstellungen von sehr
eigenthümlicher Art vor. Gleich den Eingang machen mehrere
Tafeln, welche in geometrischen Figuren die zehn Gebote, acht
Gnaden, sieben Bitten u. s. W. mit manchen Parallelbeziehungen
zusammenstellen. Dannfolgen grössere allegorische und durch
lnschriften erklärte Bildertläc), zuerst die Darstellung christlicher
Weisheit oder Tugend unter dem Bilde eines gothischen Tempels
von ziemlich früher Architektur. Fundament ist die Humilitas,
dann führen sieben Stufen aufwärts, Gebet, Reue, Beichte, Busse,
i") Näheres über diesen Codex und die demnächst erwähnten giebt Waagen
nicht in seinem deutschen Werke K. und Kunstw. in England, sondern in
der späteren englischen Bearbeitung desselben: Treasures of art in Great-
Britain. London 1854. Vol. I, pag. 162 ff. Er bestimmt dabei das Alter
des Codex B. 83 nach dem Charakter der Schrift auf ungefähr 13H], was
mit der im Text gedachten Inschrift (deren er nicht erwähnt) wohl über-
einstimmt.
v?) Sie werden bezeichnet als Speculum theologiae factum a. Magistro
Johanne Mecensi, womit nicht der Maler, sondern ein theologischer Schrift-
steller gemeint ist.