Langsame
Verschmelzung.
587
Fortschritt. Diese Vorzüge zeigen sich dann noch stärker in
einem kleineren Gebetbuche des Herzogs (Lavalliere, Nro. 127),
wo auch die Blätter und Vögel in den Bandarabesken besser der
Natur nachgebildet sind, während ein in der Bibliothek von Bur-
guud in Brüssel befindliches, ebenfalls für den Herzog von Berry
gearbeiletes Buch gleichen Inhaltsdi) eine Verwandtschaft mit
jenen Gestalten des Beauneveu, aber noch eine stärkere Hinnei-
gung zu der älteren idealen Schule zeigt. Viel ausgebildeter ist der
Naturalismus in einem Codex, welcher eine Sammlung von Reise-
beschreibungen des Marco Polo und Anderer enthält und zufolge
der ausführlichen Notiz des Sekretairs dem Herzog von Berry
von seinem Neffen, dem Herzog Johann von Burgund, wahr-
scheinlich bald nach seinem Regierungsantritte. (1405) geschenkt
istw]. Die Zeichnung der Figuren erinnert noch stark an die
ideale Schule, die Individualität der Köpfe ist nur mässig geför-
dert, die Bäume sind noch in alter Weise steif und die Berge
sehr allgemein gehalten, aber das Gras des Bodens feiner aus-
gearbeitet, der Himmel abgestuft, oben dunkel, unten hell, und
das Bestreben nach perspectivischer Fernsicht sehr fühlbar.
Das prachtvollste unter allen Miniaturwerken, die wir aus
der Bibliothek des Herzogs von Berry besitzen, ist sein Gebet-
buoh, welches nach der Inschrift des Sekretairs im Jahre 1409
vollendet und vielleicht mit demjenigen identisch ist, dessen Ma-
lereien in dem gleichzeitigen Kataloge dem Jaquemart von Hesdin
zugeschrieben werdeni-"liij. Auch hier sieht man noch Anklänge
3') Der Bibliothekar Marchal hatte diesem Codex (No. 11061) früher in
seinem grossen Werke über die Bibl. de Bourgogne einen andern Ursprung
gegeben, sich jedoch später (Bull. d. Akademie zu Brüssel Bd. XI, No. 6)
in Uebereinst-immung mit Waagen (im D. Kunstbl. 1850, S. 299) und mit
meiner eigenen Ueberzeugung für die im Texte angegebene Meinung erklärt.
H) Mss. franc. No. 8392, Waagen a. a. O. S. 331. Herzog Johann von
Burgund starb erst 1419, der Herzog von Berry 1416, dass das Geschenk
bedeutend früher, und selbst ganz im Anfange der Regierung des ersten
gemacht sei, wird dadurch wahrscheinlich, dass die Ermordung des Herzogs
von Orleans im Jahre 1407 denn doch die Verhältnisse so verwickelte, dass
ein solcher freundlicher Austausch von Geschenken nicht leicht anzunehmen ist.
Mss. lat. N0 919, les Heures du duc de Berry. Waagen, welcher
a. a. 0. S. 339 diese Vermuthung zuerst bekannt gemacht hatte, widerruft
dieselbe neuerlich in einem in v. Quasfs Zeitschrift für christLArchäologie und