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Französisch-niederländische
Kunst.
und von einem ihnen entgegentretenden Manne angeredet wertlen.
Drei endlich sind allegorisch; eine Gestalt mit dem Schilde, aber
ohne Flügel, also wohl nicht der Erzengel Michael, durchbohrt
einen Drachen, eine weibliche Gestalt ebenfalls mit Schild und
Bogen bewaffnet reitet auf einem Greife, und ein Adler bekämpft
einen auf seinem Neste sitzenden Schwan. Es ist immerhin
möglich, dass alle diese Miniaturen für einen Codex bestimmt
waren, jedenfalls fehlen dann aber andere sie ergänzende. In
stylistischer Beziehung sind die Bildchen ungleivh, aber doch
von derselben Hand. Einige, namentlich die Krönung Mariä und
selbst die Verkündigung, haben etwas Alterthümliches und
Schwerfälliges und können nach dem Wunsche des Bestellers
älteren Werken nachgebildet sein. Die Studien dagegen ver-
rathen ein durchaus realistisches Bestreben; es sind Charakter-
köpfe, die der Maler festgehalten hat, die eine Tafel scheint den
Verkauf einer Sklavin durch orientalische Männer darzustellen,
Während auf einer anderen Frauen in gleichzeitiger, modischer
Tracht zusammengebracht sind. Es ist also augenscheinlich ein
Skizzenbuch, bei dem die uns auffallende Wahl des Stoffes bei
der Unzulänglichkeit des Papiers für so saubere Arbeit und bei
der 'l'henrung des Pergalnents auf Wohlfeilheit durch mehr-
malige Benutzung berechnet sein konnte. Ungeachtet des ge-
steigerten Realismus und der sorgfältigen Ausführung des Land-
schaftlichen, der Berge u. dergl. können wir doch die Entstehung
nicht später als etwa in das zweite Decennium des fünfzehnten
Jahrhunderts setzen. Von Eyckscher Schule ist der Künstler
noch unberührt, vielmehr erinnern die weissen Lichter, manche
Details der Zeichnung und die flüssige Linienführung noch stark
an die Kunst des vierzehnten Jahrhunderts, wenn auch nicht
gerade speziell an die Kölner Schule; auch die Schriftzüge ge-
hören noch mehr dieser Zeit an, während die Trachten, nament-
lich die der Frauen mit enganliegenden gürtellosen Jacken und
mit turbanartig oder wie zwei Hörner aufsteigenden Hauben oder
Kopftüchern eher auf den Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts,
und zwar auf französische Moden hinweisen. Auf der Tafel,
welche die Evangelisten Matthäus und Marcus enthält, hat dann
nun auch der Künstler seinen Namen gesetzt, aber leider in einer