Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Die 
niederländische 
Kunst 
Welcher wahrscheinlich nach dem Tode Sluter's im Jahre 1411, 
von Paris , wo er im Dienste des Herzogs gewesen war , eiligst 
zur Vollendung des Monuments nach Dijon gesendet wurdeßk), 
Das Denkmal, seit der Zerstörung der Karthause ebenfalls im 
Museum von Dijon, ist ein Sarkophag von schwarzem und weis- 
sein Marmor, auf Welchem die Gestalt des Herzogs überlebens- 
gross und ursprünglich ganz in natürlicher Farbe bemalt liegt, 
vvrährend an den Seitenwänden unter den reichen gothischen 
Baldachinen am Rande der Platte der Zug der LeidtragendenW-s) 
in zahlreichen kleinen Statuetten von Alabaster dargestellt ist, 
Es sind Gestalten aus dem Leben, ohne Zweifel grossentheils 
mit Portraitähnlichkeit, der Bischof mit seinen Geistlichen und 
Diakonen, dann Hofbediente mit ihren Abzeichen, z. B. die V 01-- 
leger (ecuyers tranchants) mit den Messern an der Seite, darauf 
endlich eine grosse Schaar von Mönchen verschiedener Orden, 
alle den Schmerz mit zurückgebogenem oder tiefgebücktem 
Haupte, mit Händeringen oder sonst in Gebehrden und Mienen 
auf das Lebhafteste, ja selbst mit einiger Uebertreibung aus- 
drückend. Die Figürchen sind durchweg von etwas zu kurzer 
Statur und bilden durch die Heftigkeit ihrer Bewegungen und 
da sie ohne architektonische Begränzung auf dem Rande des Ba_ 
saments frei hinter einander herschreiten oder vielmehr wanken, 
etwas unruhige Linien; aber die YVahrheit und lifannigfalligkeit 
des Ausdrucks macht sie dessenungeachtet höchst anziehend. 
Namentlich ist der Meister (denn die Conception lässt nur auf 
einen schliessen) unerschöpflich in neuen Motiven der Klage bei 
den Mönchsgestalten, denen er bald durch Verhüllen des Hauptes 
oder durch Zurückschlagen der Kaputze, bald durch Bewegungen 
und F altenwurf einen eigenthümlichen Reiz zu geben und dabei 
die schwersten stylistischen Probleme immer meisterlich zu lösen 
weiss. Dagegen erscheint sein Naturalismus an der Gestalt des 
Denkmal gearbeitet, wie Passavant a. a. O. angiebt, lasse ich dahin gestellt, da 
de Laborde darüber in den Urkunden nichts gefunden zu haben scheint. 
w) Vergl. den Rechnuugsposten der Reisevergütung bei de Laborde a. a. 
0., S. 27. 
H) „Les plourans" wie sie in Oontracten über Grabmonumente genannt 
und gewöhnlich der Zahl nach accordirt werden.
	        
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