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Die
niederländische
Kunst
1391 und 1398. Der eine Altar enthält im Inneren die Eilthaup-
tung Johannis des 'l'äufers nebst der Yfersuchung des h. Auto-
nius und einem Martyrium, der andere eine figurenreiche Kreu-
zigung zwischen der Anbetung der Könige und der Grableguug,
und auf den Flügeln vier Bilder aus dem Leben der Maria, Ver-
kündigung, Heimsuchung, Darbriugung im 'l'empel und die
Flucht nach Aegypten. Beide Meister, der Bildner und der
Maler, stehen einander in stylistischer Beziehung sehr nahe und
auf der Gränze zwischen dem idealen und realistischen Style,
Die Figuren sind noch ziemlich schlank gehalten, oft mit der be-
liebten Biegung des Körpers, die Gewänder sehr edel in langen
Linien fallend, aber doch faltenreicher als bei den gleichzeitigen
Kölnischen Meistern. Die Naturstudien sind überall noch nicht
weit gediehen; die Pferde auf der Kreuzigung und der Esel auf
der Flucht nach Egypten sind beide nach alter WVeise steif, die
Hände der Figuren lang und schmal, die Köpfe rundlich. Auf
den Gemälden ist der Himmel noch golden; die Perspective der
Kirche, welche den Tempel darstellt, die Nebensachen bei der
Verkündigung und die Berge der Landschaften sind zwar mit
grösserer Vorliebe ausgeführt als sonst, aber doch noch sehr all-
gemein, die Berge in gelblichem Farbenton, wie auf italienischen
Bildern dieses Jahrhunderts, und die Bäume gar noch in alter
typischer Form. Ausdruck und Bewegung der Figuren sind
sprechend und zart, im Wesentlichen im Sinne der idealen Schule,
aber doch mit grösserem Naturalismus; manche Köpfe haben
schon eine portraitartige Individualität und der Joseph auf der
Flucht, in rothem ltock, violetter Hose und weissen Stiefeln, der
vorausgegangen mit sichtbarer Begierde aus einem Bache trinkt,
ist schon eine ganz genreartige Figur. Die Malerei ist übrigens
mit flüssiger Farbe ausgeführt, darin der gleichzeitigen Kölner
Schule ähnlich, mit der sie auch das Aufsetzen weisser Lichter
gemein hat, übrigens aber in den Gewändern mit kräftigeren,
weniger gebrochenen Tönen, in der Carnation bleicher und da-
durch weniger harmonisch.
Neben diesen Niederländern waren freilich auch andere
Künstler im Dienste des Herzogs in Dijon beschäftigt. Die mei-
sten scheinen Franzosen; so der Jean de Menneville, welcher schon