Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

vbr 
der 
burgundischexl 
Herrschaft. 
569 
Niederlande bis zur burgundischen Herrschaft bewegten, ebenso 
wie die Höfe in Sittenverderbniss und Verwilderung versun- 
kelläi), welche sie freilich nicht von gewerblicher Thätigkeit ab- 
hielt, aber trotz des wachsenden Beichthums nicht zu Bildungs- 
stätten der Kunst geeignet machte. 
Erwägt man alle diese Umstände, namentlich auch die Un- 
gleichheit der 'l'echnik in den sparsam erhaltenen Ueberrestcn, 
so wird man zu dem Schlusse gedrängt, dass die niederländische 
Kunst bis zum Anfalle des Landes an Philipp den Kiihnen keine 
erhebliche Blüthe gehabt und keine auf fester Praxis beruhende 
Schule gebildet habe. Allein dies hinderte nicht, dass sich in ihr 
dennoch ein nationaler Zug äusserte, der sie von der Kunst der 
N achbarvölker unterschied und bei diesen. Wohlgefallen erregen 
konnte. Der realistische Sinn, den die Natur des Landes und die 
ganze geschichtliche Entwickelung in den Niederländern erzeugt 
und genährt hatte, war in ihnen so mächtig, dass er auch in ihren 
Kunstleistungen zu Tage kommen musste. Schon im dreizehnten 
Jahrhundert, in den ältesten niederländischen Malereien, konnten 
wir Seine SP1" e" bemerken im), die aber bei der grossen Naive- 
tät, mit der sich dieses Jahrhundert ungeachtet. seines kirchlichen 
Charakters zur Natur verhielt, nicht störend wirkten. Dies än- 
derte sich jetzt; der jetzt herrschende Idealismus, mochte er nun 
wie in Deutschland eine mehr religiöse Färbung haben, oder wie 
in Frankreich eine mehr aristokratische, war nicht so unbefangen 
und duldetc naturalistische Züge nur in leichten, zierlichen An- 
deutungen. Dies brachte die Niederländer in einen Zwiespalt, da 
sie sich weder der allgemeinen idealistischen Tendenz ganz ent- 
ziehen, noch auf die nüchterne Berücksichtigung der materiellen 
XVirklichkeit und den halb gutmüthigen halb spöttischen Humor 
verzichten konnten, der ihnen zur andern Natur geworden war. 
Sie hatten daher mit Schwierigkeiten zu kämpfen, welche eine 
blühende Schule nicht aufkommen liessen. Aber einzelne begabte 
Meister, wie jene Bildner von Tournay, vermochten diese zu 
überwinden, und in der Miniaturmalerei, die vermöge ihrer leich- 
teren Technik schon etwas wagen (lurfte und nach altem Her- 
Niederlande I, 203. 
Kampen, Geschichte der 
oben Band V, S. 675.
	        
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