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Niederländische
Kunst
der letzten Herzogin von Brabant ersehen wir wohl eine gewisse
Vorliebefür Miniaturen; in zwölf Jahren lässt sie sechs oder
sieben Bücher mit Historien malen, einen Lancelot für sehr ge-
ringen, mehrere Gebetbücher für hohen Preis, zweimal für mehr
als zweihundert Goldstücke. In besonderer Gunst steht ein ge-
wisser Johann van WVoluwe, unbekannter, aber, wie der Name
ergiebt, jedenfalls germanischer Herkunft, der seit 1378 Bücher
malt, dann aber 1385 ein Tafelgemälde für ihre Gemächer und
im folgenden Jahre mehrere Figuren auf der Wand auf dem zur
Kapelle führenden Corridor ausführt, und bis dahin illuminator,
dann aber pictor genannt wird. Allein gerade diese schwanken-
den Bezeichnungen sowie der Umstand, dass dieser Johannes,
wie schon oben jener Laurentius in dem Codex von 1366, Prie-
ster War, zeugt nicht gerade für ausgebildete künstlerische Ver-
hältnisse; auch arbeitet wenige Jahre vor diesem Johannes,
1375, ein französischer Minialurmaler für die Herzogin et). Der
letzte Graf von Flandern, Ludwig von Maele, hatte nun zwar
einen Maler niederländischer Herkunft, Johann von Hasselt, blei-
bend, wenn auch nur mit dem auch nach damaligen Verhältnissen
niedrigen Jahrgelde von 20 Livres in seinem Dienste im), dem er
1380 ein Madonnenbild übertrug, und der nicht ganz schlecht
gewesen sein muss, da auch Philipp der Kühne 1386 bei ihm ein
Altargemälde für eine Kirche in Gent bestellte. Allein eine grosse
künstlerische Thätigkeit geht auch daraus nicht hervor, und für
die gewöhnliche Annahme, dass nicht die Fürsten, sondern die
Städte die niederländische Kunst begünstigt und gehoben hätten,
fehlt es an aller thatsächlichen Begründung. Auch die Städte
Waren in den nnaufhörlichen Kriegen und Fehden, welche die
Vergl. diese Notizen bei de Laborde a. a. O. I], 2. Nro. 4381, 2, G.
4391, 6, 8. 4401, 2. Endlich Nro. 4352 magistro Johanni Nichasie gal-
lico de illuminatione cujusdam libri dicti Lancelot.
"j Vergl. Michiels, les peintres brugeois, 1846, pag. 13, wo diese in
seinem etwas früher gedruckten grösseren Werke (Histoire de la peinture Fla-
mande II, 19) fehlende Notiz ohne Zweifel auf Grund einer dazwischen lie-
genden archivalisohen Entdeckung dem Texte eingeschaltet ist, mit de Laborde
ducs de Bourgogne II, i, pag. L und pag. 6. Das grösste Interesse dieser
Nachricht besteht darin, dass dieser Maler aus Hasselt bei Maastricht, mithin
aus der Heimathsgegend der Brüder van Eyck stammt.