llliniaturen.
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nissen des Bestellers, eines Herrn von Rummen und seiner Ge-
mahlin, aber die Umrisse sind schon mit dem Pinsel gemacht,
die Modellirung und Gewandbehandlung ist weicher, die Körper-
formen und Bewegungen haben grössere VVahrheit, die Räum-
lichkeiten sind ungeachtet der schachbrettartigen Luft mit Vor-
liebe ausgeführt, und endlich finden sich in den Randverzierungen
weich gemalte Blätter, Vögel und Schmetterlinge mit offenbar-er
Naturnachahmung, wie sie in älteren,Handschriften nicht vor-
kommen.
Neben diesem beginnenden Naturalismus erhielt sich aber
in den östlichen Provinzen der Einfluss der deutschen Schule
noch überwiegend. Einen Codex mit holländischem Texte im
Museum Fitzwilliaiti in Cambridge fand VVaagen 5') in allen
'l'heilen mit der Weise Meister XVilhelnfs von Köln übereinstim-
mend, und noch in einer Apokalypse der Pariser Bibliothek vom
Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts, deren Bilder durchweg
mit dem Pinsel ausgeführt sind, erinnerten ihn die Gesichtszüge
und Gewandlinien an jenen Kölner lWIeister, obgleich daneben
andere Figuren mit derb naturalistisch ausgebildeter Individualität
vorkommen. Aus derselben Zeit werden auch die zahlreichen,
zwar auf Gold- und 'l'apetengrund, aber mit näherer Ausführung
landschaftlicher Gegenstände gemalten Bilder einer holländischen
Bibel in der königlichen Bibliothek im Haag stammen, die zwar
die Jahreszahl 1360, aber wahrscheinlich nur als die Zeit der
Uebersetzung enthält, und in welcher der niederländische I-lumor
und Naturalismus schon sehr stark ausgeprägt. ist tätig).
Die urkundlichen Nachrichten, welche man aus den Ar-
chiven zu Tage gefördert hat, gewähren keine erhebliche Ergän-
zung unserer Kunde über den Zustand der Kunst bis zum Anfalle
der Niederlande an Philipp den Kühnen. Aus den Rechnungen
t) K. u. K. W. in England II, S. 527 und III, S. 340.
"Ü Die sehr schönen Miniaturen eines Horenbuches in niederholländischer
Spraehe in derselben Bibliothek sind Ilivht, wie Michiels a. a. O. II, 499 an-
nimmt, aus dem vierzehnten Jahrhundert, sondern aus dem fünfzehnten und
wahrscheinlich von 1435, da. mit diesem Jahre der ewige Kalender beginnt.
Sie sind, nbgleieh schon während der Blüthe der Eyck'scl1en Schule entstan-
den, noch auf Goldgrund und mit entschiedenen Anklängen der deutsvhen
Srihule gemalt.