Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Die 
Bildnerschule 
V01] 
Tournay. 
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Schmidts Jan Jsac von 1401, beide bei Herrn Dumortier, dann 
aber auch das eben da befindliche des Jean du Bos von 1438 
und das vielleicht ebenso späte des Eustache Savary im rechten 
läreuzarme der Kathedrale, an welchem das Todesjahr unausge- 
füllt geblieben ist. An allen diesen ist die Körperbiltlung und 
Gewaudung ungeachtet der naturalistischen Neigung sehr schön 
und würdig, während bei den meisten der dazwischenliegenden 
die Gewandfalten unruhig und überladen, die Körperformen 
plump und roh sind. Man darf voraussetzen, dass die kirchlichen 
Sculpturen mit grösserer Sorgfalt und von besseren Händen aus- 
geführt. wurden, als die alltäglichen Aufgaben der Grabsteine, 
und glücklicherweise ist wenigstens ein solches Werk der Zer- 
störung entgangen, in welchem wir die Schule auf ihrer Höhe 
sehen. Es sind dies die zwei lebensgrossen Gestalten der Ver- 
kündigung, welche, neuerlich mit allzu lebhaften ltarlien über- 
malt, an den Pfeilern des Kreuzschilfes in St. Maria Magdalena 
in Tournay aufgestellt sind. Der Engel im langen, auf dem Bo- 
den aufliegenden Gewande hat schon die Bewegung des Knie- 
beugens, die in der Eycläschen Schule herkömmlich wurde, in- 
dessen erscheint er schlanker, als diese 11m zu bilden pflegte, 
wozu selbst der Fehler, dass Kopf und Oberleib im Verhältniss 
zu dem unteren Theile des Körpers zu klein gerathen sind, etwas 
beiträgt. Viel schöner ist aber die Jungfrau. Sie scheint in Folge 
des englischen Grusses sich eben erhoben zu haben und hält in 
der Linken das Buch, Während die Rechte den durch die Bewe- 
gung sinkenden Mantel unter der Brust fasst, so dass er in freien 
Falten heruntterfällt und die Ilälfte des Kleides unbedeckt lässt. 
VVährentl dies eigenthümliche Gewandmotiv eine genaue künst- 
lerische Beobachtung der Natur verräth, hat aber das "Ganze und 
besonders das schöne Gesicht noch ganz die geistige Amuuth 
und Reinheit des idealen Stylcs. VVir werden das NVerk viel- 
leicht schon um 1430 setzen und den Einfluss der benachbarten 
Eyckischen Schule anerkennen müssen, allein die Art, wie der 
Künstler sie benutzte ohne dem plastischen Style etwas zu ver- 
geben, ist eine ungewöhnliche und beweist, wie stark und richtig 
noch die 'l'raditioueu der einheimischen Bildnerschule waren, die 
dann aber bald nach ihm der immer zunehmenden malerischen 
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