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Deutschland.
in etwas manierirter, gewundener Haltung, aber voller Iunigkeit,
dann zwei im Magdeburger Dome, eine im Kreuzschilfe lebens-
gross, mit vollständiger wenn auch verblichener Bemalung, das
etwas kleine, bekleidete Kind leicht auf dem linken Arme tragend
und wie mit staunender Ehrfurcht betrachtend, eine andere am
östlichsten Ende der Empore, leider ohne Kopf aber von edelster
Haltung und Gewandung. Von etwas anderem Typus, minder
schlank, aber mit lieblichen Zügen und mit schönem Fall des
Gewandes ist das berühmte Jungfrauenbiltl des Südportales am
Augsburger Domchore, vielleicht bald nach dem Beginne des-
selben (1356) entstanden. Das schönste von allen aber ist das
zu YVetzlar, am westlichen Portale der Stiftskirche, ebenso wür-
dig wie lieblich, Wiederum von völliger Form und kräftiger Hal-
tung mit einfacher aber vollständiger Gewandbehandlung, einiger-
massen ähnlich dem Rladonnentypus, der sich an mehreren Sta-
tuen derselben Zeit in Venedig findet. Sehr viel geringer sind
die Verschiedenheiten an anderen Gegenständen. So findet sich
die Darstellung der klugen und thörichten Jungfrauen, die schon
in der vorigen Epoche als Portalsohmuck beliebt war, mehrere
llIale, in Magdeburg am nördlichen Seitenschiffportale des Doms,
zu Nürnberg an der Brautthüre der Sebalduskirche, zu Bamberg-
an der oberen Pfarr- oder Frauenkirche, endlich am Dome zu
Erfurt auf der einen Seite der Vorhalle, immer mit gewissen
Verschiedenheiten und so dass man das Magdeburger Exemplar
für das schönste, das Erfurter für das roheste erklären darf; aber
die Aehnlichkeit ist überwiegend, der Schmerz fast in denselben
Bewegungen, immer übertrieben, aber doch ergreifend und nicht
ohne Interesse (largestellt. An den männlichen Heiligen mit antiker
Gewandnng, den Aposteln und Propheten macht sich im Gegen-
satze gegen die anfängliche bewegte Haltung und conventionelle
Biegung das Bestreben nach ruhiger Würde geltend und wird
zu gewissen, wiederkehrenden Motiven ausgebildet, die wir in
edelster Anwendung an der Apostelreihe im Inneren des Frei-
burger Domes linden. Die grossen Reliefs der Portale unter-
scheiden sich von denen der vorigen Epoche (lurch eine einfachere
Anordnung, indem sie weniger ein rhythmisch geordnetes Ge-
sammtbild als eine einfache chronologische Erzählung in mehreren