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Deutsche
Kunst.
Kurzweil, mit Kränzen, Eiehkätzchen u. dergl., welche an ge-
wissen Stellen zur Ausfüllung der Architektur wiederkehren,
keine solche beigelegt werden können. Bei der grossen Platte
im Schweriner Dome von 1375 geht die bildnerische Lust so
Weit, dass auch die Inschrift, Welche die Tafel umgiebt, nicht
in einfacher Linie, sondern auf Spruchbändern geschrieben ist,
die von einem Rankengewinde von edelstem Schwunge der Linie
durchzogen sind, das sich gelegentlich abbiegt, um wie in einem
schwebenden Sitze Engelsgestalten von leichtester Haltung und
unübertrefflicher Anmuth zu tragen
Grossartige Werke des Broncegusses, wie sie Bischof
Bernward von Hildesheim schon vor dreihundert Jahren ausge-
führt hatte, und wie sie in Italien auch jetzt vorkommen, sind in
Deutschland überaus selten. Der gothische Styl hatte durch die
Meisselfertigkeit der Steinmctzen und durch seine consequente
Verwerthung einfacher Steife (z. B. zu den Thüren der Dome)
dieser Technik die lohnenderen Aufgaben entzogen, so dass sich
kein selbstständiges Gewerbe für sie bildete. Man musste sich
daher, wo man sie für Kirehengeräthe, wie 'l'aufbecken oder
Leuchter, verlangte, an die Rothgiesser wenden, die dann frei-
lieh, da sie gewöhnlich nur mit Geräthen gemeinen Gebrauchs
beschäftigt waren, auch bei solchen höheren Arbeiten handwerks-
mässig verfahren, bis sich zufällig unter ihnen ein Talent fand,
das mit frischem, (lurch keine technische Gewohnheit abge-
stumpftem Blicke arbeitete. Daher kommt es denn, dass unter
der geringen Zahl solcher Arbeiten neben sehr rohen einige sehr
ausgezeichnete Werke vorkommen. Zu jenen, den rohen, ge-
hören die Taufbecken der Maricnkirche zu Lübeck vom Jahre
1337, der Nicolaikirche zu Kiel vom Jahre l34t-lätge) und der Ma-
a") Ich verdanke Vorstehendes, nach einem Abdrucke der Originalplatte
verkleinertes Figiirchen meinem Freunde Lübke.
M) Vergl. K. W. Nitzsch im Programm der schleswig-holstein-lauen-
burgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte 1856. Die Inschrift
istud opus completum est, per manus magistri Johannis decani Apenge-
tere provisore, ist dunkel, vielleicht auch nicht richtig gelesen. Unmöglich
kann man dabei mit dem Verfasser an einen Johann den Decan als wirklichen
Arbeiter, und einen Apengheter als Aufseher (provisor) denken. Da nur ein
Vorname genannt wird, ist gewiss auch nur von einer Person die Rede. Der