Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Deutsche 
Sculptur. 
mit den Grabsteinen an, so werden wir mehrere Klassen un- 
terscheiden müssen. Zunächst giebt es viele, welche die Vor- 
züge des älteren Styles, also die grössere Ruhe und das archi- 
tektonische Formgefühl vollständig bewahren, zugleich aber 
grössere natürliche Anmuth und höhere Belebung zeigen, also 
entschieden gewinnen. Besonders gilt dies von Weiblichen Grab- 
bildern, welche mit den langen, ruhig fallenden Gewändern, mit 
(len lieblichen, jugendlichen Zügen des nonnenhaft umhüllten 
Hauptes oft ein rührendes und anziehendes Bild der Demuth, 
Milde, Innigkeit, Andacht geben. V orzügliche Beispiele dieser 
Art sind einige Idealbilder , Gräber von heiligen oder fürstlichen 
XVohlthäterinnen lange nach ihrem Tode gemacht; so die der h, 
Anrelia und Hemma in St. Emmeran in Regensburg, die wohl 
nicht dem dreizehnten Jahrhundert, sondern dem Anfange un- 
serer Epoche zuzuschreiben sind, das der h. Gertrudis in Alten- 
burg an der Lahn vom Jahre 1334  das der Kaiserin Anna, 
Gemalin Rudolph von Habsburg, im Dome zu Basel, erst nach 
dem Erdbeben vom Jahre 1356  endlich das der Kaiserin 
Editha im Magdeburger Dome, erst im Anfange des fünfzehnten 
Jahrhunderts gefertigt. Aber auch auf gewöhnlichen Gräbern 
haben die Frauen oft dieselbe ideale Haltung und Anmuth; so 
auf dem Grabe eines fürstlichen Ehepaares in der Elisabethkirche 
zu Marburg, wahrscheinlich des Landgrafen Heinrich des Eiser- 
nen und erst vom Jahre 1376 ikißlt), an der Gattin des Rudolph 
Ziegler in der Barfüsserkirche zu Erfurt vom Jahre 1370, und 
an vielen anderen, die oft vernachlässigt und von den Fusstritten 
halb zerstört uns noch mit ihrer milden Frömmigkeit rühren. 
Auch unter den männlichen Grabsteinen finden sich einzelne, wie 
der aus dem Clarakloster zu Mainz nach Wiesbaden gelangte 
des Grafen Diether von Katzenelnbogen, 1- 1315  welche 
bei voller portraitartiger VVahrheit des Kopfes durchaus würdig 
und stylvoll behandelt sind. Bei den meisten männlichen Bildern 
Ü) Müller, Beiträge II, Taf. 19. 
H) Eine, leider sehr schlechte Abbildung in der 1842 bei Hassler in Basel 
herausgekommenen Beschreibung der Münsterkirche. 
 Müller, Denkmäler, Band II, Taf. XVIII. 
T] Müller, Beiträge, I. Taf. XVII.
	        
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