Der
Tucherische
Altar.
501
Stellungen. Endlich aber ist die Körperbildung eine ganz andere,
die Gestalten sind nicht mehr schlank, sondern alle mehr ins
Breite gehend, die der beiden Apostel sogar auffallend kurz,
selbst der Christuskörper am Kreuze ist voll gebildet; die Ge-
sichtsform, namentlich der Typus der Madonna, nähert sich mehr
dem Kreise als dem Oval; die Falten sind überall weich gebro-
chen und die Gewänder, statt in langen sanften Linien den
schlanken Körper durchtiihlen zu lassen, sind so zusammenge-
fasst, dass sie breite Massen bilden. Der Sinn für die Schönheit
der Linie, der Ueberrest architektonisch statuarischer Strenge ist
schwächer, das Gefühl für sinnliche Fülle und Anmuth stärker.
Auch die Farbe ist in diesem Sinne behandelt, namentlich die
Carnation bleicher, aber das Ganze ist sehr meisterlich durchge-
führt und ansprechend, namentlich die Jungfrau sowohl neben
dem Gekrenzigten als auf der Verkündigung sehr schörfk).
"Ü Wenn Waagen in seinem 1843 geschriebenen und auf früheren Studien
beruhenden Werke a. a. O. S. 258 das Datum von 1385 acceptirt, so ist das
begreiüich, da er den Imhofschen Altar auf 1361 setzte; unverständlich da-
gegen ist es, wie Passavant (Kunstbl. 1846, 5' 189) Zugleich dies letzte augen-
scheinlich frühere Gemälde in das Jahr 1420 setzen, und doch für den Altar