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Schule
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Nürnberg.
scheinlich War also bei dieser Feier wenigstens der äussere Theil
schon mit seinem plastischen Schmucke verziert, zu Welchem 19
stehende und 40 sitzende Statuen gehörten. Es versteht sich,
dass diese nicht von einer Hand gefertigt sein konnten, indessen
lässt die Gleichheit des Styles und die gleiche Abweichung von
der bisherigen Weise keinen Zweifel, dass sie in der YVerkstatt
eines Meisters und in seinem Geiste gearbeitet sind, dessen frei-
lieh nur auf 'l'radition beruhender Name, Sebald Schonho v er,
einen Eingebornen vermuthen lässt ft). Jedenfalls erwarb er sich
sogleich die Gunst seiner Mitbürger, denn sofort, angeblich noch
innerhalb der Zeit des Kapellenbaues, wurde ihm ein zweiter
nicht unbedeutender Auftrag gegeben, der nämlich der Anferti-
gung von vierundzwanzig Statuen an dem berühmten „schönen
Brunnen" , welcher ebenfalls in Folge der Judenvertreibung auf
dem durch Abbrechung ihrer Hänser gewonnenen Platze errich_
tet wurde. Acht Propheten, Moses an ihrer Spitze, schmückten
den obern Theil der schlanken Spitzsäule, die andern sechszehn,
dem Auge näher stehenden Statuen repräsentirten das weltliche
Regiment und ritterliche Tapferkeit, und zwar durch die sieben
3') Die Unsicherheit der Nürnbergischen Kunstgeschichte beginnt schon
mit diesen Statuen; v. Murr, dessen Autorität die späteren Schriftsteller gefolgt;
sind, erklärt im zweiten Bande seines "Journals zur Kunstgeschichte" (1776)
S. 44, dass man den Meister des "schönen Brunnens" und, wie aus dem Zu-
sammenhange hervorgeht, auch den der Statuen an der Vorhalle der Frauen-
kirche noch nicht entdecken können. Im weiteren Verlauf dieses Journals, also
bis 1789, lindet sich keine Spur, dass er diese Entdeckung gemacht. In der
Beschreibung von Nürnberg vom Jahre 1801 nennt er dagegen die Gebrüder
Rupprecht als Baumeister und Sebald Schonhover als Bildhauer sowohl der
Frauenkirche als des schönen Brunnens, mit dem Zusatze, dass Thomas Hirsch-
mann 1693 die Bildnisse dieser Künstler in Kupfer gestochen habe. Es könnte
hiernach scheinen, als 0b er auch ältere Nachrichten darüber besessen habe,
allein in der That waren, wie sich aus Siebenkees Materialien zur Nürnbergi-
scheu Geschichte (1792) Band 1, S. 66 ergiebt, diese Kupferstiche die einzige
Quelle, ohne dass man wusste, wie der Kupferstecher zu diesem Namen ge-
kommen sei. Auch die Nachforschungen, welche der Vorstand des germani-
schen Museums auf meine Bitte angestellt hat, haben zu keinem weiteren Re-
sultate geführt. Die schon genannte Chronik giebt zwar bei Erwähnung des
schönen Brunnens im Jahre 1362 an, dass derselbe von den drei Brüdern auf-
gerichtet worden, die Unserer Frauen Kapelle gebauet hatten, sagt aber von
den Bildhauern nichts.