Ruolman
Merswin.
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sondern seinem, sogleich näher zu erwähnenden "heimlichen
Freunde" wurden, geboten ihm nämlich, Gott in Strassbtlrg ein
ilaus zu errichten. Sein Einwand, dass es schon so viele schöne
Klöster gebe und so wenig fromme Leute darin, half nicht, und
er entschloss sich nun im Jahre 1367 , ein verlassenes und ver-
fallenes Kloster nahe bei der Stadt „auf dem grünen Wörth" zu
kaufen, es herzustellen und endlich, immer von Visionen geleitet
und in Llebereinstimmung mit jenem heimlichen Freunde, dem
Johanniterorden, der in Strassburg eine Commende hatte, zu
übergeben; doch nur in bedingter VVeise, so dass drei Laien, zu
denen natürlich Ruolman selbst gehörte und die sich ergänzten,
als Pfleger den Vorstand bildeten, und jedem, der sich in das
Haus zurückziehen wollte, er sei Pfaffe oder Laie, unter ge-
wissen Bedingungen Aufnahme gestatten konnten. ln diesem
ilause lebte er dann selbst bis an seinen Tod im Jahre 1382,
hochgeehrt von den Brüdern, welche nach seinem Tode zu
Ehren des „lieben Stifters" seine bis dahin nicht veröffentlichten
Schriften und die Nachrichten über die Stiftung als ein "ewig
Memoriale" in mehreren Exclnlalaren aufbewahrten.
In diesem Buche finden wir denn auch Nachrichten über
den ebenerwähnten „heimlichen Freund" Ruolmarfs, der, wie
sich ergiebt, eine den Lesern von 'l'auler's Predigten aus der
denselben vorgedruckten „Historia" wohlbekannte, wenn auch
dort nicht genannte Persönlichkeit ist, nämlich jener „gnaden-
reiche Laie", der bei 'l'auler, dem damals schon berühmten Pre-
diger, etwa im Jahre 1340 erschien, und ihn in fast wunder-
barer VVeise bekehrte. Er fing nämlich an, bei ihm zu beichten,
seine Predigten anzuhören, darüber bescheiden zu sprechen;
wusste dann aber Tiefes an ihnen zu rügen , ihm seinen, der
verkündeten Lehre wenig entsprechenden Seelenzustand so klar
und mächtig zu enthüllen, dass der gefeierte Prediger sich dem
jüngeren und ungelehrten Laien als seinem geistlichen Vater
unterwarf, und nach seiner Torschrift sich zwei Jahre lang des
Predlgßns und selbst der Studien enthielt, um durch die Betrach-
tung der Leiden Christi zu vollkommener Demuth zu gelangen.
Geduldig ertrug Tauler die Vorwürfe und den Spott seiner Klo-
stcrbrüder und des Volkes, bis er in tiefster Erniedrigung, ver-
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