Vorhalle
Frauenkirche.
der
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den Gestalten des alten Bundes in den Bögen des Mittelportals
hat der Künstler ungeachtet ihrer ruhigen Haltung Interesse zu
geben gewusst, indem sie bald lesend, bald einfach vor sich hin
oder aufwärts blickend, oder mit ihren Attributen beschäftigt oder
nachdenklich das Haupt senkend, alle verschieden und in ange-
messener und verständlicher Haltung erscheinen. Einförmiger
sind die weiblichen Heiligen in den Bögen des Portales, überdies
alle mit zu langem Oberkörper; der Gedanke jungfräulicher Rein-
heit gewährte nicht so mannigfaltige Motive, wie die Geschichte
der männlichen Heiligen, und erforderte vielleicht nach der An-
schauungsweise des Zeitalters eine solche Gleichförmigkeit, da
wir sie bei den elftausend Jungfrauen des Kölner Dombildes noch
ebenso und selbst noch monotoner wiederfinden. Zu den schwä-
cheren Theilen der Arbeit gehören dann auch die Reliefs, sowohl
die im Inneren der Vorhalle, als besonders die fliegenden Ge-
stalten von Engeln und Propheten, welche am Aeusseren in den
Zwickeln der Spitzbögen, genau so wie die Victorien an römi-
schen Triumpfbögen angebracht sind, und die, mochte ihnen nun
wirklich eine Erinnerung an diese antike Anordnung zum Grunde
liegen oder nicht, jedenfalls eine zu schwere Aufgabe für diese
Zeit waren.
Die Kapelle wurde sehr rasch gebaut, der Grundstein War
im August 1355 gelegt, und bald nach Ostern 1361 erfolgte
nicht nur die Einweihung, sondern auch die Vorzeigung der zu
diesem Zwecke von Prag hierher gebrachten zu den Reichsinsignien
gehörigen Reliquien und zwar von eben jenem Vorbau ü). Wahr-
ü] also ward es gezeigt auf dem Umbgang der kaiserlichen Capele,
die aulf der Zeit gar in kurzem tage gebaut was worden". S0 eine Chronik
des fünfzehnten Jahrh. bei v. Murr, Beschreibung der Reichsstadt Nürnberg,
1801. Eine handschriftliche, spätere, aber anscheinend zuverlässige Chronik im
Besitze des germanischen Museums, bemerkt ausdrücklich (nach gütiger Mit-
theilung des Herrn Dr. von Eye), dass im Jahre 1361 das Uhrwerk der Frauen-
kirche in Gang gesetzt sei. War das Werk soweit gefördert, so werden auch
die Statuen des Aeusseren, welche wie die Wappen ergeben, von den einzelnen
nürnberger Patricierfamilien gestiftet wurden und daher nicht von den Mitteln
des Baufonds abhänggig waren, nicht zurückgeblieben sein. Schon im Jahre
1365 beginnen Familienstiftungen, welche die Vollendung der Kirche bereits
hinter sich haben müssen, neue Altäre, ein ewiges Licht u. s. f.