Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Schule 
VOll 
Nürnberg. 
wie die von Nürnberg, das in Franken jetzt in ähnlicher Weise 
zu einem Mittelpunkte des Verkehrs wurde, wie in den rheini- 
schen Gegenden Köln. Freilich Waren die Verhältnisse doch 
ganz andere; die Poesie uralter Geschichte und des grossen rhei- 
nischen Stromes, der Glanz und die mannigfache geistige Anre- 
gung, Welche die Residenz eines der ersten Kirchenfürsten und 
eines mächtigen Domkapitels gewährte, endlich auch die Fülle 
künstlerischer Traditionen cntgingen der schlichten Landstadt, 
die durch emsige Betriebsamkeit und durch die Gunst kaiserlicher 
Privilegien erst seit Kurzem grössere Bedeutung erlangt hatte. 
Auch in künstlerischer Beziehung hatte sie ihre Laufbahn erst in 
der vorigen Epoche, beim Bau der Lorenzkirche, begonnen, war 
aber durch die Anstelligkeit ihrer Bewohner jetzt schon so weit 
gefördert, dass Karl IV., als er den Bau der Frauenkirche veran- 
lasste, nicht nöthig fand, auch künstlerische Hülfe anzubieten, 
sondern sich mit. dem Ruhme begnügen konnte, einheimischen 
Meistern eine lohnende Aufgabe gestellt zu haben. Ein grosser 
Theil des Schmuckes , mit dem diese „kaiserliche Kapelle" aus- 
gestattet War, ist verloren gegangen und alle Altäre, die man 
jetzt darin sieht, sind erst im Jahre 1816 bei der Herstellung des 
vcrödeten Raumes für den katholischen Cultus aus anderen Kir- 
chen hierher gebracht, indessen ist doch das bedeutendste, der 
plastische Schmuck, aus ursprünglicher Zeit erhalten. Betrachten 
wir zuerst die Statuen, welche an den inneren Chorwäntlen mit 
jetzt erneuerten Farben prangenär), so haben sie genau dieselbe 
'l'endenz wie die ungefähr gleichzeitig mit der Frauenkirche ent- 
standenen Apostelstatuen im Kölner Dome, die übermässige 
Schlankheit, die affectirte Biegung des Körpers, die conventio- 
nellen Bewegungen und endlich die vollständige Bemalung, nur 
dass dies alles hier viel auffallender erscheint, weil die Ausfüh- 
rung geringer, namentlich nicht von dem feinen Gefühl für Linien- 
3'] Sie stellen die Anbetung der Könige nebst einem kaiserlichen Ehe- 
paare dar, welches v. Rettberg früher ("Nürnberger Briefe", S. 72) auf Hein- 
rich II. und Kunigunde, die zu den Schutzheiligen der Stadt gehörten, später 
(Nürnbergs Kunstleben, S. 33) auf Karl IV. und seine Gemahlin deutet. Ob 
dies auf einer inzwischen aufgefundenen Nachricht beruht, ist mir unbekannt; 
an sich ist das Erste wahrscheinlicher.
	        
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