Sbisco
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Trotina.
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Brünn, Wahrscheinlich von 1360 eine böhmische Bibel in der
Bibliothek zu Ollmütz, ein Pontificalc Bischofs Albert von Leu-
tomischl vom Jahre 1373 in der Bibliothek des Klosters Strahow
und endlich in der Universitätsbibliothek in'Prag die achtzehn
Initialenbilder, mit welchen ein gewisser Thomas von Stitny ein
für seine Kinder in böhmischer Sprache geschriebenes Lehrbuch
verzieren liess, und die zwar nicht die sorgfältige Ausführung
jener Prachtwerke haben, aber gerade in ihrer leichteren Behand-
lung lmd bei der [Tngewöhnlichkeit ihrer genreartigen Gegen-
stände ein kräftiges Zeugniss für die Sicherheit der Zeichnung,
die Erfindungsgabe und den Schönheitssiim der böhmischen
Schule ablegen. Man hat die V ermuthung aufgestellt, dass Kai-
ser Karl, der ja in Paris erzogen War und mit Frankreich in
engster Verbindung stand, seine böhmischen Maler in Prag oder
in Paris durch französische Miniatoreir unterrichten lassen; allein
es bedarf dieser Annahme nicht, da wir diesen Kunstzweig schon
früher in Böhmen blühend fanden. Allerdings haben diese Mi-
niaturen einen höheren Grad der Ausbildung als die grösseren
Bilder der böhmischen Schule, allein das ist auf dieser Stufe der
Kunst sehr wohl erklärbar und nöthigt nicht zur Annahme eines
fremden Einflusses.
Zwei grosse Miniaturwerke endlich zeigen die böhmische
Schule auf dem höchsten Punkte ihrer Entwickelung; eine deut-
sche Bibel für Kaiser Wenzel in sechs Foliobänden, von denen
jedoch nur die beiden ersten ihren malerischen Schmuck vollstän-
dig erhalten haben, und ein Missale für den Erzbischof von Prag
Sbinco Hasen von Ilasenberg, jene in den letzten Jahren des vier-
zehnten, dieses in den ersten des fünfzehnten Jahrhunderts
(1402-141 l) geschrieben, beide in der Kaiserlichen Bibliothek
zu Wien bewahrt und mit Vignetten, Initialen und Randverzie-
rungen aufs Reichste geschmückt die). Wir sehen hier in der
a") Passavant S. 197.
M) Dibdin, a bibliographical tour, III, 462, mit Abbildungen aus der
Bibel; Waagen a. a. 0., S. 298; Passavant a. a. 0., S. 200. Kaiser Wenzel
soll der Sage nach im Jahre 1393 bei einem Aufstande der Altstadt Prag
durch eine Bademagd gerettet worden sein, und hierauf scheint in jener Bibel
die wiederholte Darstellung des Kaisers im Bade und von zwei halbbekleideten
Mädchen bedient, anzuspielen, die allerdings in der Bibel besonders auffallend ist.