Schloss
Karlstein.
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gemalt sein kann, wird ihm gewöhnlich zugeschrieben. Indes-
sen ist hier eine etwas grössere Anmuth und ein wärmerer
bräunlicher Ton der Schatten, so dass wir vielleicht die Arbeit
eines uns dem Namen nach unbekannten, geschickten Schülers
darin besitzen. Auch einige andere Bilder in Prag scheinen
Schülern dieses Meisters anzugehören, die über ihn hinaus streb-
ten und sich wieder mehr der deutschen Schule näherten, darun-
ter das bedeutendste ein grosses Madonnenbild auf Goldgrund
in der Sammlung des Klosters Strahotv, welches bei demselben
Bestreben auf mächtige Form doch eine feinere Ausbildung des
Gesichts und der Hände und eine frischere Farbe zeigt. Eine
noch stärkere naturalistische 'l'endenz zeigt endlich ein kleines
Bild des h. Wenzel in der Nicolaikapelle des Doms.
Es ist bemerkenswerth, dass die meisten dieser Gemälde
Tafelbilder k) sind, deren im Schlosse Karlstein allein mehrere
hunderte erhalten und gewiss in den andern Schlössern, in denen
Nicolaus Wurmser zufolge der oben angeführten Urkunde be-
schäftigt war, nicht viel weniger untergegangen sind. Wir fin-
den daher diesen Kunstzwveig hier schon um die Mitte des vier-
zehnten Jahrhunderts blühend, während er selbst in Köln erst im
Beginn und in den andern Gegenden noch weniger entwickelt
war. Es kann sein, dass dazu jene vielleicht altböhmische, jeden-
falls aber von Karl IV. begünstigte Sitte der Auslegung der
Wände mit Edelsteinen beigetragen hat, weil sie die Flächen
theille und Malereien von grösserem Glanze, als man sie auf der
Mauer ausführen konnte, erforderte. Aber die nicht geringe Zahl
kleiner Andachtsbilder ziemlich frühen Styls, welche sich in den
Prager Kirchen, obgleich meistens übermalt und entstellt findet,
deutet doch auf eine entsprechende nationale Neigung, welche
uns dann wieder daran erinnert, dass wir uns auch hier in einer
Gegend gesteigerter persönlicher Frömmigkeit befinden.
4') In der Dorfkirche zu Libis, am linken Elbufer unfern von Melnik,
sind Wandgemälde gefunden, von welchen die Zeitschrift Pamätky archaeolo-
gicke a mistopisne (archäologisch-topographische Denkwürdigkeiten) Umrisse
publicirt hat, und welche der Herausgeber Prof. Zapp in Prag in die Zeit nach
Karl IV., also in das Ende des vierzehnten oder Anfang des fünfzehnten Jahr-
hunderts setzt. Ich entnehme diese Nachricht, da. die böhmische Zeitschrift mir
nicht zugänglich geworden, aus den Mittheil. der k. k. Centn-Comm. II, S. 113_
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