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Theoderich
VOR
Prag"
Bald darauf aber wurde Böhmen 3c) der Schauplatz einer
regen und erfolgreichen künstlerischen 'l'hät.igkeit, und zwar
wieder durch die Gunst Karls lV., dessen Vorliebe sich nicht
blos auf die Pracht der Bauten, sondern auf alle Künste erstreckte
und vermöge seiner mystischen Richtung vielleicht vorzugsweise
der Malerei zugewendet war. Darauf deutet schon der YVand-
schmuck mit farbigen Edelsteinen, von dem wir bei Erwähnung
der Wenzelskapelle des Prager Domes gesprochen haben und
neben dem dann in dieser Kapelle und noch mehr im Schlosse
Karlstein eine Fülle von Gemälden prangte. Es konnte nicht feh-
len, dass diese kaiserliche Gunst die Malerei belebte, und wirk-
lich ergeben die Verzeichnisse der Malergilde, dass diese bald
sehr zahlreich, wohl geordnet und vielleicht sogar speciell einer
Leitung des Königs unterworfen] war. Schon in einem Proto-
kolle von 1345 wird ein Meister Kuncz als königlicher Maler
bezeichnet; in dem Verzeichnisse von 1348 dagegen erhält dieser
das Prädikat als "ältester Meister", während Theoderich von
Prag, der wie wir sogleich sehen werden, lange im Dienst und
in der Gunst des Königs stand, als „erster Meister" primus ma-
gister bezeichnet, der alphabetischen Reihe der übrigen Mitglieder
vorangestellt ist"t"l'). Durch eine Urkunde vom Jahre 1359 lernen
wir dann einen Meister Nicolaus genannt Wurmser aus Stras-
burg (Argentina) keimen, den der Kaiser als seinen Maler be-
zeichnet uud ihm, ausdrücklich zu dem Zwecke, dass er eifriger
im kaiserlichen Dienste male (ut diligenciori studio piugat loca et
castra, ad que deputatus fuerit), gewisse Privilegien verleihet.
4') Vgl. über die böhmische Schule im Allgemeinen Fiorillo I, 129.
Kuglcr Gesch. der Mal. 2. Aufl. I, 218 ff und kl. Sehr. II, 494 tf. Passa-
vant (1857) in v. Quasfs Zeitschrift I, 202 ff. und früher im K. BI. 1841 nro.
87 u. 89. Hotho a. a. O. I, 221.
u) Dass dieser in dem Verzeichnisse von 1348 als ältester Maler be-
zeichnete Kuncz mit dem "Gunzel bohemus frater Nicolai pictoris", welcher
im Jahre 1310 zufolge des Nürnberger Wandelbüchleins bei Strafe des Hän-
gens der Stadt verwiesen wurde (v. Murr Journal XV, 25) identisch sei, ist:
denkbar, nicht aber dass sein Bruder Nicolaus, der nachher als Nicolaus von
Strasburg bekannte Meister sei. Schon Kugler a. a. O. I, 218 und Hotho I,
222 haben dies gegen Passavant im K. Bl. 1841 geltend gemacht, da dieser
aber seine Behauptung auch im J. 1857 wiederholt hat, scheint es nöthig, ihr
nochmals entgegen zu treten.