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Westphälische
Kunst.
gel enthalten die Verkündigung und die Anbetung der Könige,
diese wieder ebenso belebt wie das Hauptbild; das nackte Kind
auf dem Schoosse ist in lebendigster, aber graciöser Haltung, von
kühner und schöner Zeichnung. indem es mit dem linken Arm
spielend in den von dem einen der Könige gehaltenen goldenen
Becher hineingreift, während die beiden anderen Könige der eine
den rechten Arm, der andere das Füsschen kniend küssen, so
dass an dem Kinde Ober- und Llnterkörper in entgegengesetztem
Sinne gewendet sind, was angenehm bewegte Linien bildetüi).
Ganz enge mit diesem Bilde zusammenhängend sind einige
neuerlich restaurirte und wieder am Hochaltare angebrachte, ur-
sprünglich zu einem grösseren Altarwerke gehörige Gemälde in
der Marienkirche in Dortmund, die Geburt, die Anbetung
der Könige und den Tod der Maria darstellend. Namentlich ist
diese letzte Darstellung entschieden aus jenem ebenerwähnten
Bilde entlehnt; fast alle Figuren entsprechen demselben, nur dass
die Stellung des Bettes und daher die ganze Anordnung des
engeren Baumes wegen schräger gehalten ist. Ebenso verhält es
sich mit der Anbetung der Könige, jene kühne Lage des Kindes
und sein Verhalten zu den Königen, auch die Zeichnung in den
Details, die weiche Sehattirtuig und Modellirung gleichen sich
völlig, nur dass die Jungfrau hier nicht den auffallend kleinen
Mund hat, dass ihr 'l'hroi1 und die golddurcluvirkten Gewänder
der Könige reicher sind und überhaupt die Zeichnung etwas
vollendeter und von grösserer Anmuth ist, wozu denn freilich auch
die gelungene Restauration etwas beigetragen haben mag. Es
wird daher die Arbeit entweder desselben, hier weiter fortge-
schrittenen, oder eines jüngeren Meisters und nicht viel später
entstanden sein, als die Stiftung des Propstes Blankenberch, was
denn auch durch die auf uns gekommene Nachricht von der im
Jahre 1431 erfolgten Einweihung von vier Altären in dieser
Kirche bestätigt wird M). Auf einem dieser Altäre mag dann
Ü Vergl. auch Waagen (D. K. B1. 1850, S. 308), welcher dies Bild bei
seiner provisorischen Aufstellung in der Wiesenkirche sah.
i") Becker im K. B]. 1843, S. 369. Lübke S. 341 ist anderer Meinung
und betrachtet das Blankenberchsche Bild, wie mich dünkt, mit zu ungünsti-
gen Augen.