Meister
Stephan.
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meinsam ist, gehört viel zu sehr der ganzen Zeitrichtung an, als
dass er nach Köln aus flandrischen Werkstätten zu kommen
brauchte. Es scheint mir daher noch immer Wahrscheinlich, dass
das Dombild selbst bald nach 1426 entstanden. Freilich erhielt
sich dann aber die Herrschaft des dadurch begründeten Styles
noch lange Jahre, so dass sie erst um 1450 speciellen flandri-
sehen Einflüssen zu weichen begann und sich noch später in ein-
zelnen Nachklängen verfolgen lässt.
Von den anderen Werken, welche man ohne urkundlichen
Beweis nach dem Stylgefühl dem Meister des Dombildes zuge-
schrieben hat, gehört ihm keines gewisser an, als das kleine rei-
zende Gemälde, welches Herr von Plerwegh dem Kölner Museum
geschenkt hat, die Jungfrau im Roseii-hag. Es gehört in
die Gattung jener Darstellungen, die ich oben Paradiesesbilder
nannte; auf blumenreicher Wiese sitzt Maria im blauen Ge-
wande, die Krone auf dem Haupte, eine reiche Agraffe auf der
Brust, das Christkind auf dem Schoosse, umgeben von lieblichen
kleinen Engeln, von denen zwei Zither und Orgel spielen, andere
Blumen pflücken oder dem Christkinde Aepfel reichen, während
hoch oben im Goldgrunde Gott Vater segnend herunterblickt,
die Taube des h. Geistes herabschwebt. Das kleine Bild (es hat
nur etwa 13h Fuss Höhe und 11h, Fuss Breite) ist ziemlich gut
erhalten und zeigt in der ganzen Behandlung eine unverkennbare
Uebereinstimmung mit dem Dombilde. Maria hat im Wesent-
Passion und anderer Kölner oder des älteren Friedrich Herlen mit dem Dom-
bilde um zu üihlen, dass wir uns bei diesem in einer ganz anderen Sphäre
befinden. Es ist freilich wahrscheinlich, dass der kölnische Meister, als er
1426 oder später die Bestellung des Domhildes erhielt, von Hubert van Eyck,
der in demselben Jahre zu Gent sechszigjährig verstorben war, gehört hatte,
und es mag sein, dass die Kunde der Naturwahrheit und Farbenpracht der
flandrischen Schule ihn anspornte Aehnliches zu erreichen. Aber dieser ent-
fernte Einüuss ist nicht zu verwechseln mit dem technischen, jener wirkt
rasch, dieser langsam. Waagen legt besonderes Gewicht auf die brüchigen
Falten, deren erstes datirtes Beispiel in der flandrisehen Schule er auf einem
Eyckschen Bilde von 142i in der Sammlung des Herzogs von Devonshire
fand. Allein die Brüche im Faltenwurfe des Dombildmeisters sind von denen
der Brüder van Eyck verschieden und das Brüchige an und für sich ist nur
die Folge eines beginnenden Naturalismus, der durch die Entwickelung der
Kunst und des Zeitgeistes überall entstehen musste.