Das
Dombild.
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zwar möglich, aber bei dem Eifer, mit welchem der Rath die
Stiftung der Kapelle betrieb, und bei der ganzen Lage der Sache
sehr unwahrscheinlich. Dennoch sprechen sich viele, und dar-
unter sehr gewichtige Stimmen jetzt für eine spätere Zeit, etwa
um 1448, aus, weniger nach äusseren historischen Beweisen, an
denen es in der That fehlt St), als aus stylistischen, der Verglei-
chung mit anderen Werken entlehnten Gründen, die Wir indessen
erst nach näherer Betrachtung der anderen, dem Dombilde ver-
wandten Gemälde prüfen können.
Das interessanteste unter diesen ist ein erst vor wenigen
Jahren im Priesterseminar in Köln entdecktes Bild der
Jungfrau mit dem Kinde M), stehend, in mehr als Lebens-
grösse, daneben in sehr kleiner Dimension mit gefalteten Händen
knieend die nonneirhaft gekleidete Donatrix, oben am Rande des
Goldgrundes über der Jungfrau die Taube, in der einen Ecke
Gott Vater, in der anderen singende Engel mit dem Spruchbande,
ebenso andere Engelchen mit weit-gestreckten Flügeln am Rande
raff, zu dessen guten Eigenschaften kritische Schärfe nicht gehörte, glaubte in
dem Bilde selbst die Geschichte desselben, namentlich in gewissen harmlosen
Arabesken, auf einer Schwertscheide, wie sie im fünfzehnten Jahrhundert sehr
gewöhnlich sind, den Namen des Malers: Philipp Kalf, und in vier auf dem
Boden der Aussenbilder vereinzelt vorkommenden, allerdings auffallenden schnör-
kelhaften Zeichen die Jahreszahl 1410 zu lesen, beides gewiss ohne Grund.
Die frühe Entstehung des Bildes ist jedenfalls durch die im Texte angegebenen
Daten widerlegt und ündet, soviel ich weiss, nur noch in E. Förster a. a. O.
215 einen Vertheidiger. Vergl. Waagen im D. Kunstbl. 1854, S. 164.
Nur Merlo a. a. O. glaubt in den dürftigen Nachrichten der Schreine-
bücher über Stephan Loehner solche zu finden, namentlich darin, dass der-
selbe, nachdem er erst im Jahre 1442 ein Haus gekauft, schon 1444 ein gräs-
seres erworben habe, was sich nur durch die in Folge dieser grossen Bestel-
lung entstandene oder in Aussicht gestellte Vermögensverbesserung ßrkläfßn
lasse. Allein diese Vermuthung, schon an sich überaus schwach, wird dadurch
ganz entkräftet, dass Lochner, wie Herr Merlo selbst aus anderen Urkunden
folgert, bei seinem nicht gar lange darauf (1451) erfolgten Tode seine Wittwe
in Dürftigkeit hinterliess.
M) Kugler, Hotho, der nur vom Hörensagen anführt, Waagen in dem an-
geführten Aufsatze haben es noch nicht gekannt; auf der Ausstellung alter
Bilder im Gürzenich 1854 wurde es zuerst zugänglich und ist von Lübke (im
D. Kunstbl. 1855, S. 157) beschrieben, der es für eine Jugendarbeit Meister
Stephanls erklärt und Madonna mit dem Veilchen nennt.
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