Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Kölner 
Schule. 
krankhaft dünnen gesunde Form und natürliche Bewegung, und 
vor Allem sind die Köpfe meisterhaft ausgeführt; die Jungfrauen 
der h. Ursula haben zwar alle ein ziemlich gleich wiederkehrendes 
Kindergesicht mit einem Stumpfnäschen, aber die männlichen 
Gestalten sind durch Verschiedenheit des Alters und der Indivi- 
dualität, durch Kleidung und Stellung mannigfaltig und anziehend, 
zum Theil selbst besonders an älteren Köpfen und namentlich bei 
einem der Könige mit lebendigster Portraitwahrheit ausgeführt. 
In manchen Beziehungen sieht man, dass unser Meister noch 
eben erst aus der Schule des idealen Styles hervortritt, die Mo- 
dellirung ist noch ziemlich allgemein und lässt sich mit Ausnahme 
jener erwähnten älteren Köpfe auf die feineren Details des Kör- 
perbaues wenig ein, die Carnation hat einen mehr wachsartigen 
als natürlichen Ton, der schmale Abfall der Schultern ist ein Erb- 
theil der früheren schlanken Körperbildung. Im Uebrigen hat er 
sich entschlossen dem Neuen zugewendet. Seine Gestalten haben 
gedrungene Verhältnisse und kräftigen Gliederbau, die Gesichter 
sind voll und rund, die Haltung der Figuren ist meist in ganzer 
Vorderansicht, breit und bequem, bei den jugendlichen Rittern 
sogar mit einer auffallend gespreizten Stellung ihrer noch dazu 
steifgehaltenen Beine. Tracht und Stoffe sind in ihrer Eleganz 
recht mit Vorliebe ausgeführt, das hellspiegelnde Licht in den 
Arm- und Beinschienen, der Schimmer von Sammet und Gold- 
brokat mit einer lXlaturtvahrheit und mit einem Glanze dargestellt, 
wie wir es sonst vor der Eyckischen Schule nicht keimen. Aller- 
dings ist nicht alles vollkommen, der Monotonie in den Gesich- 
tern der Jungfrauen und der unschönen Linien in den gespreizten 
Beinen der Ritter habe ich schon gedacht, auch sonst fehlt es 
nicht an eckigen und gezwungenen Bewegungen; die Tracht ist 
zum Theil mit ausgeschnittenen Spitzen und weit abstehenden 
steifen Schössen bizarr und unschön, auch in den Mänteln lässt 
der oft unruhige und kleinliche Faltenwtirf uns die langen bedeut- 
samen Linien der früheren Schule vermissen; unter den Männern 
kommt endlich jene gemeine Gesichtsbildung mit der dicken Nase 
schon häufig vor. Aber diese Fehler sind doch unbedeutend und 
wir sind gern bereit, sie der Unschuld eines frommen Gemüthes 
zu Gute zu halten, das mit dunkler Ahnung von der Bedeutung
	        
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