Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Das 
Mauuscript 
VOll 
Geldern. 
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Geldern, geschrieben und im Jahre 1415 beendet istge). Der 
Schreiber war ein Bruder Hclmich in einem Kloster zu Marien- 
born bei Arnheim, der Slyl der Miniaturen ist aber entschieden 
kölnisch und zwar nicht in der Weise der älteren, sondern in der 
der ebengeschilderten neueren Schule. Voran geht das Bildniss 
der Herzogin selbst, in ganzer Figur und im prachtvollen C0- 
stüme der Zeit, dann folgen ein paar grössere die ganze Blatt- 
seite einnehmende, darauf viele kleinere in den Text gelegte Ma- 
lereien, theils heilige Geschichten, theils einzelne Figuren. Die 
Randverzierungen, magere mit der Feder gezeichnete Banken mit 
einzelnen goldenen oder farbigen Blättchen, die tapetenartigen 
Hintergründe der Bilder sind noch ganz im Style des vierzehnten 
Jahrhunderts; die Miniaturen selbst mit weicheln Pinsel und kräf- 
tiger Farbe ausgeführt, überraschen uns durch die schon völlig 
ausgesprochene Tendenz der neuen Schule. Die Figiirchen sind 
von kurzen Verhältnissen mit etwas zu grossen Köpfen, die 
männlichen schwer und breit, die weiblichen anmuthig, mit be- 
wusster Grazie, aber mit runden Formen, die Gewänder theils 
im bizarren Costüm der Zeit, theils mit vielen, etwas unruhig 
gebrochenen Falten, die Compositionen gedrängt, die Motive fast 
genreartig. Die beigefügten Zeichnungen einer weiblichen Hei- 
 Die Inschrift (F01. 410 des Codex) lautet in hochdeutscher Ueber- 
Setzung der wesentlichen Worte dahin: Dies Buch hat lassen schreiben Maria, 
Herzogin VW Geldern und von Jülich, Frau des edlen Herzogs Reynalts, und 
wurde es geendet durch Bruder Helmich, regulirten Chorherrn zu Marienborn 
bei Arnhem im Jahre unseres Herrn 1415 am Sankt-Mathias-Abend. Die 
Worte des Originals: overmyts broeder helmich die lewe regulier zoe Marien- 
born    lassen (abgesehen von der Dunkelheit des Beinamens oder Zusatzes: 
die lewe, der indessen auf die Datirung keinen Einfluss haben dürfte) zweifel- 
haft, ob Bruder Helmich blos der Schreiber oder auch der Maler gewesen, und 
0b blos die Schrift oder auch die Malerei schon an jenem Tage im Jahre 141.5 
beendet gewesen. Offenbar ist das Letzte Wahrscheinlicher, da man bei dieser 
für eine Fürstin bestimmten Arbeit kein anderes Datum, als das der vollstän- 
digen, der Ueberreichung vorhergehenden Vollendung hineingesetzt haben wird, 
Auch ihr jugendliches Portrait steht damit im Einklang, so wie der Umstand, 
dass hinter dieser Inschrift noch 72 Blätter mit niederdeutschen Gebeten später 
hinzugefügt sind, welche wiederum den Namen der Herzogin enthalten, aber 
in ihren sparsamen Miniaturen eine ganz andere, viel rohere Hand zeigen. 
Einige Notizen über diesen Codex giebt Waagen im D. Kunstbl. 1854), S. 30T. 

	        
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