Das
Mauuscript
VOll
Geldern.
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Geldern, geschrieben und im Jahre 1415 beendet istge). Der
Schreiber war ein Bruder Hclmich in einem Kloster zu Marien-
born bei Arnheim, der Slyl der Miniaturen ist aber entschieden
kölnisch und zwar nicht in der Weise der älteren, sondern in der
der ebengeschilderten neueren Schule. Voran geht das Bildniss
der Herzogin selbst, in ganzer Figur und im prachtvollen C0-
stüme der Zeit, dann folgen ein paar grössere die ganze Blatt-
seite einnehmende, darauf viele kleinere in den Text gelegte Ma-
lereien, theils heilige Geschichten, theils einzelne Figuren. Die
Randverzierungen, magere mit der Feder gezeichnete Banken mit
einzelnen goldenen oder farbigen Blättchen, die tapetenartigen
Hintergründe der Bilder sind noch ganz im Style des vierzehnten
Jahrhunderts; die Miniaturen selbst mit weicheln Pinsel und kräf-
tiger Farbe ausgeführt, überraschen uns durch die schon völlig
ausgesprochene Tendenz der neuen Schule. Die Figiirchen sind
von kurzen Verhältnissen mit etwas zu grossen Köpfen, die
männlichen schwer und breit, die weiblichen anmuthig, mit be-
wusster Grazie, aber mit runden Formen, die Gewänder theils
im bizarren Costüm der Zeit, theils mit vielen, etwas unruhig
gebrochenen Falten, die Compositionen gedrängt, die Motive fast
genreartig. Die beigefügten Zeichnungen einer weiblichen Hei-
Die Inschrift (F01. 410 des Codex) lautet in hochdeutscher Ueber-
Setzung der wesentlichen Worte dahin: Dies Buch hat lassen schreiben Maria,
Herzogin VW Geldern und von Jülich, Frau des edlen Herzogs Reynalts, und
wurde es geendet durch Bruder Helmich, regulirten Chorherrn zu Marienborn
bei Arnhem im Jahre unseres Herrn 1415 am Sankt-Mathias-Abend. Die
Worte des Originals: overmyts broeder helmich die lewe regulier zoe Marien-
born lassen (abgesehen von der Dunkelheit des Beinamens oder Zusatzes:
die lewe, der indessen auf die Datirung keinen Einfluss haben dürfte) zweifel-
haft, ob Bruder Helmich blos der Schreiber oder auch der Maler gewesen, und
0b blos die Schrift oder auch die Malerei schon an jenem Tage im Jahre 141.5
beendet gewesen. Offenbar ist das Letzte Wahrscheinlicher, da man bei dieser
für eine Fürstin bestimmten Arbeit kein anderes Datum, als das der vollstän-
digen, der Ueberreichung vorhergehenden Vollendung hineingesetzt haben wird,
Auch ihr jugendliches Portrait steht damit im Einklang, so wie der Umstand,
dass hinter dieser Inschrift noch 72 Blätter mit niederdeutschen Gebeten später
hinzugefügt sind, welche wiederum den Namen der Herzogin enthalten, aber
in ihren sparsamen Miniaturen eine ganz andere, viel rohere Hand zeigen.
Einige Notizen über diesen Codex giebt Waagen im D. Kunstbl. 1854), S. 30T.