Meister
Wilhelm.
427
später ermittelte Todesjahr VVilhelms von Herle (1378) erschüt-
tert, auch ist das Bild nicht mehr in dem Zustande erhalten, in
welchem es jene ersten Forscher sahen, sondern bedeutend über-
malt, und es ist daher um so erwünschter, dass diese neuere
Entdeckung uns einen sicheren Boden gegeben hat.
Indessen werden wir doch von mm an die Tafelgemälde,
als die bedeutendsten Leistungen der Zeit, voranstellen und
hauptsächlich durch ihre Vergleichung unter einander unsere
Anschauungen von den Fortschritten der Schule begründen
müssen. Und zwar ist hier dann vor allen anderen der soge-
nannte Clarenaltar, der aus der Kirche St. Clara stammend in
einer der Seitenkapellen des Kölner Domchores aufgestellt ist,
der Beachtung werth. Dies zunächst schon deshalb,.weil er viel-
leicht das älteste Beispiel der gewaltigen, aus Schnitzwerk und
Malereien zusammengesetzten Altarautsätze mit zwiefachen, ein-
ander deckenden Flügeln ist, die von nun an aufkamen und bis
zur Reformation beliebt blieben. Bei vollständigster Oeffnung
sieht man nur die Glasschränke für den Reliquienschatz und in
Holz geschnitzte, vergoldete Heiligenbilder, bei vollständig ge-
nur von diesem gründlichen, aber schwerfalligen und der Feder wenig gewach-
senen Manne gelernt. Passavant a. a. O. Bei jedem der späteren Schriftsteller
findet man übrigens die Reihe der dem Meister Wilhelm zugeschriebenen Bilder
verändert, was natürlich nicht blos von der überhaupt ziemlich unsicheren, von
momentanen Stimmungen abhängigen Würdigung der einzelnen Gemälde, son-
dern auch davon abhängt, welche Vorstellung von der Art des Meisters jeder
sich gemacht. So nimmt z. B. Förster, Kunstgesch. I, S. 204 ff., den Maass-
stab von den künstlerisch am meisten entwickelten Bildern, die man dem Mei-
ster Wilhelm bisher zugeschrieben hatte, und spricht ihm daher die minder
vollendeten ab, während gerade diese eher den Anfang andeuten und daher
dem Haupte der Schule, die anderen aber weiter vorschreitenden Schülern an-
gehören möchten. Bei dieser Meinungsverschiedenheit wird es nützlich sein,
bei den später zu erwähnenden Bildern gleichsam Stimmen zu zählen, wobei
Passavant in der Kunstreise und sonst, Kugler kl. Sehr. und Gesch. der Mal,
2. AutL, Hotho die Malerschule Huberfs van Eyck, 1. Thl., und Förster a. a.
O. concurriren. Den Glarenaltar spricht nur dieser dem Meister Wilhelm ab.
Passavaxrt im Kunstbl. 1841, Nro. 88, 89, giebt wenig bedeutende Beiträge,
Waagen nur gelegentliche, nachher anzuführende Aeusserungen. Vergl. auch
Lübke im D. Kunstbl. 1855, S. 157. Kugler hat auch hier das Verdienst,
zuerst eine klare Sonderung und Gruppirung der vorhandenen Bilder versucht
zu haben.