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Kölner
Schule.
die Ueberreste von neun lcbensgrossen Gestalten entdeckt, wel-
che Propheten oder vielleicht im Gegensatze gegen die guten
Helden Philosophen oder dergl. darstellen mochten. Nur drei
Köpfe derselben sind ganz zu Tage getreten, nur zwei in besse-
rem Zustande, der eine in Verbindung mit einer nicht völlig ver-
ständlichen, gemalten Architektur?) Sie zeigen die Hand eines
vorzüglichen Meisters, übertreffen in der Linienführung und Mo-
dellirung alle vorhergegangenen Kölnischen Wandmalereien und
erinneren mehr an die nahestehenden Tafelmalereien. Auch dies
bestätigt die Vermuthung, dass sie von Meister Wilhelm her-
rühren, so dass sie in Zukunft als Anhalt für weitere Forschun-
gen nach seinen Werken dienen können.
Früher, beim Anfange der Studien über die altkölnische
Schule hatte man ein anderes Wandgemälde in gleicher Weise
benutzt, nämlich das über dem Grabe des 1388 verstorbenen
Erzbischofs von Trier, Cuno von Falkenstein, in St. Castor in
CoblenzW-t), Christus am Kreuze zwischen vier Heiligen und den
knienden Erzbischof darstellend. Die zwar schlanken aber doch
würdigen Gestalten der Heiligen und besonders das Bildniss des
Verstorbenen haben zum Theil noch den Charakter des älteren
Styls, dabei aber doch eine so grosse individuelle Lebendigkeit,
dass man sie wohl einem bedeutenden, epochemachenden Meister
zuschreiben konnte. Da man nun den Ruhm Meister Wilhelms
von 1380 datirte, das Bild Wegen der Portraitähnlichkeit bei Leb-
zeiten des mächtigen Kirchenfürsten gestiftet glaubte, vermuthete
man, dass dieser auch den berühmtesten Meister seiner Zeit be-
rufen und man daher hier ein sicheres Werk von Meister Wil-
helm vor sich habe. Diese Schlussfolge ist indessen durch das
t) Der Güte des Herrn Consewators Ramboux verdanke ich die Benutzung
seiner Durchzeichnungen, von welchen die beigefügten Holzschnitte eine treue
Verkleinerung bilden. Die Fragmente der gemalten Architektur sind dabei
fortgelassen; sie dürften nicht ursprünglich sein.
u] Eine flüchtige, jedoch nicht werthlose Zeichnung in Mo11er's Denkm. I,
Taf. 46. Leider ist das Original bei einer neueren Restauration durch Ueber-
malung entstellt.
Professor Mosler in Düsseldorf, welcher überhaupt der erste war, der
die altkölnische Schule studirte, die Bilder verglich und ihre Schicksale ver-
folgte, stellte diese Ansicht auf, und die ersten öffentlichen Berichterstatter haben