Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Die 
Apostelstatuen 
im 
Dome. 
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cken auf verziertem Grunde, wie mit Edelsteinen oder Email aus- 
gelegt. Die Details, z. B. die Hände, sind sehr sorgfältig gear- 
beitet, die Gewandfalten mit grosser Kunst geleitet, so dass der 
Fluss der Linien niemals durch unangenehme Brüche gehemmt 
ist. Fortschritte im V erständniss und in der künstlerischen 
Durchbildung des Körpers sind also unverkennbar vorhanden, 
und man begreift, dass von nun an auch die Malerei nicht mehr 
wagen durfte, die Körper so leicht und unbestimmt zu halten, 
wie es noch in jenen Wandgemälden geschehen war. Auch 
haben die Gestalten durch die Verbindung des Idealen mit der 
tieferen Durchbildung eine gewisse Grossheit, die ihre VVirkung 
nicht verfehlt. Aber die Gesichtsbildung ist typisch und starr, 
ohne oder mit grellem Ausdruck, und hat nicht einmal die An- 
muth wie auf jenen Bildern, und die Körper zeigen zum ersten 
Male jene oben beschriebene affectirte Biegung, deren gesehweifte 
Linie sich in dem künstlichen Faltenwurfe der Gewänder wie- 
derholt und der ganzen Erscheinung denn doch etwas Unruhiges 
giebt. Es ist augenscheinlich, dass der Künstler zu diesen Mit- 
teln griff, um an Stelle der architektonisch ruhigen Haltung der 
bisherigen Seulptur bewegteres Leben und tieferen Seelenaus- 
druck zu erlangen, und die weiche, hingebende Stimmung, den 
Liebesdrang, welchen das Gefühl der Zeit forderte, auszuspre- 
chen, dass er also durch den Körper leisten wollte, was er durch 
die Gesichtszüge nicht vermochte. Er verfolgte also malerische 
Motive und wurde dabei nur durch das Wesen seiner Kunst über 
die Gränzen hinausgeführt, in denen die lilalerei selbst bisher 
dieses Ziel erstrebt hatte. Er konnte daher auch die kalte, farb- 
lose Form nicht brauchen, sondern musste durch die Bemalung 
der Statuen und selbst durch den Goldglanz und Schmuck der 
Gewänder in das Reich der Farbe hinübergreifen, um auch da- 
durch den Beschauer an die Wirkungen innerer Bewegung zu 
erinnern und dafür zu stimmen. Die Plastik geht also in der be- 
stimmteren Ausprägung .des Zeitgeistes der Malerei voran, aber 
dieser Zeitgeist steht in so starker Wahlverwandtschaft zur 
Farbe und Malerei, dass sie damit nur dieser dient und die Hal- 
tung plastischen Styles gefährdet. 
Es scheint nicht, dass die Malerei sich sehr beeilt habe,
	        
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