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Achtes
KapHeL
Die
Kölnische
und westphälische
Schule.
Durch den zünftigen Betrieb war die Kunst an die Städte ge-
fesselt und zwar an die grösseren und Wohlhabendereil, wo der
Reichthuln der Bürger lohnende Aufträge gewährte und fremde
Besteller sich einfanden, und wo sich der der Kunst auch damals
nöthige geistige Austausch mit tüchtigen Genossen und ein-
sichtigen Beurtheilern darbot. In den rein monarchischen Län-
dern, in Frankreich und England, waren schon damals die beiden
Hauptstädte von so überwiegender Bedeutung, dass nur sie alle
diese Vortheile gewährten, und dass die einzelnen Bildner und
Maler der Provinzialstädte ganz dem künstlerischen Beispiele der
Residenz folgten. Ganz anders in Deutschland, wo ein solcher
einheitlicher Mittelpunkt fehlte und zahlreiche, mehr oder minder
mächtige Städte mit republikanischer Verfassung und eifersüchtig
bewahrter Freiheit neben einander bestanden, unter denen dann
wieder mehrere hervorragten und eine wenigstens geistige Herr-
schaft über eine Weitere oder engere Umgegend ausübten. Es
war natürlich, dass dieser Vorrang auch dem künstlerischen
Handwerk zu Gute kam, zumal da zu den äusseren Vortheilen
des Verkehrs auch der innere hinzukam, dass nur solche Städte
durch ihr höheres politisches Leben und durch die Stellung ihrer
besseren Bürger den Meistern eine poetische Anregung gewähr-
ten, welche sie über das Gemeine heben konnte. Es war aber
auch eben so natürlich, dass die geistigen Verschiedenheiten die-
ser Städte auch den in ihren Mauern entstehenden Kunstwerken
einen verschiedenen Charakter verliehen; je nachdem sie einen
poetischen Sagenschatz, eine eigene Geschichte und bedeutende
Monumente der Vorzeit besassen oder neueren Ursprungs Waren,