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Miniaturmalerei.
tuschten F ederzeichmmgen forderten Summen, die schon ein
kleines Privatvermögen ausmachtenöt).
Unter den Nebenzweigen malerischer Technik, welche durch
den steigenden Luxus und durch die technischen Fortschritte ge-
fördert Wurden, ist vorzugsweise die Glasmalerei zu nennen,
welche in dieser Epoche ihre höchste Vollendung erreichte und
so beliebt war, dass die Mehrzahl der auf uns gekommenen ge-
malten Fenster ihr angehören. Viele darunter sind von höchster
Schönheit und liefern durch die feine sinnreiche Anordnung und
durch den Schwung der Linie den Beweis, dass wenigstens die
V orzeichmingen von bedeutenden Meistern ausgingen. Indessen
konnte diese Gattung in der Tiefe des Seelenausdrucks nicht mit
der Tafelmalerei, in naturalistischen Fortschritten nicht mit den
Miniaturen wetteifern und hat ihren Werth hauptsächlich durch
architektonisch-musikalische Farbenwirkung. Sie war eine Vor-
schule für die künftigen Coloristen und eine Nachwirkung des
architektonischen Gefühls der vorigen Epoche. Abgesehen von
den eigentlichen Glasgemälden diente (lann diese 'l'echnik auch
sonst der Neigung für das Glänzende und Prachtvolle, indem man
theils decorative Arbeiten, z. B. Gemälderahmen, mit farbigen oder
einer glänzenden Folie aufgelegten Glasstücken wie mit Edel-
steinen auslegte, theils und besonders aber sich dieses Mittels
bediente, um an den farbigen Statuen den Schein eines kostbaren
Schmuckes oder golddurchwirkter Gewänder hervorzubringen.
Man näherte sich dadurch der Kunst des Mosaiks und in der That
finden wir auch diese, in unseren nordischen Ländern seit den
Tagen Karls des Grossen völlig vergessene Technik, freilich nur
in Deutschland, und auch hier nur in drei vereinzelten, und ziem-
lich gleichzeitigen Fällen angewendet. Zwei Male im Ordens-
lande Preussen und zwar in der bereits erwähnten, in ihrer Art
einzigen grossen Reliefgestalt der Jungfrau mit dem Kinde an
der Schlosskapelle zu Marienburg und in einem Flachbilde des
Heilandes am Dome zu Marienwerder, das dritte Mal am Dome
zu Prag, in einer im Jahre 1370 auf Befehl Karls IV. ausge-
ß) Man kann mit Waagen a. a. O. S. 337 annehmen, dass es dieser Codex
sei, an welchem nach einer Notiz im Kataloge zwei Brüder Manuel mit einem
Tagelohn von 20 sols (etwa 9 francs) vier Jahre lang arbeiteten, so dass die
Malerei allein etwa 13,000 francs kostete.