Zunehmender
Naturalismus.
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der Temperamalerei und dem durch sie bedingten Farbenauftrage
nicht vollständig harmonirte, so dass in dieser Beziehung noch
eine neue Erfindung erwartet werden musste, die dann bekannt-
lich bald darauf den Brüdern van Eyck gelang und eine neue
Epoche der Kunst begründete.
Zum Beschlusse dieser Bemerkungen über die Miniaturen
werden einige Notizen über die Preise derselben hier an ihrer
Stelle sein. Blosse Manuscripte wurden für sehr geringe Summen
gefertigt und verkauft; wir finden, dass der Graf von Savoyen
für die Predigten des h. Augustinus im Jahre 1323 in Avignon
den Werth von '22 francs und als Schadenersatz für ein Buch,
welches seine Hunde in der Kirche St. Antoine zu Paris zerrissen
hatten, den von 94 francs heutiger Münze bezahlte. Dagegen
kosteten zwei Gebetbücher für Prinzessinnen desselben Hauses
im Jahre 1366 das eine 649, das andere sogar 1497 francsit),
und überhaupt rechnet man, dass ein nur mässig verziertes Evan-
geliarium durchschnittlich auf etwa 700 fraues kam Reicher
ausgestattete Manuscripte kosteten viel mehr. In den Rechnungen
Philipps des Kühnen werden dem Buchhändler Jaques Raponde
zu Paris einzelne von ihm gelieferte Bücher mit den enormen
Summen von vier- bis sechshundert Goldthalern bezahlt und
in dem Katalog der Sammlung des Herzogs von Berry ist ein
Gebetbuch mit Malereien mehrerer namhafter im Dienst des Her-
zogs stehender Maler auf 4000 Livres tournois geschätzt, wahr-
scheinlich allerdings mit Einschluss der Perlen und Edelsteine
des Einbandesiid-ak). Auch die weniger luxuriös, aber dafür mit
einer grossen Zahl von Bildern ausgestatteten Manuscripte, wie
etwa die Wahrscheinlich für Philipp den Kühuen gefertigte, eben-
falls in Paris befindliche Bilderbibel mit ihren 5152 fein ausge-
Cibrario Economia politica V01. III, ad ann. 1323, 1366, 1370.
H") Leber, Mämoire sur Pappreciation de 1a fortune privee au moyen age,
in den Mem. preis. ä Pacad. des inscr. I, se'rie I.
a") Ob sich diese Notiz auf das 1409 vollendete, in der Pariser Bibliothek
befindliche Gebetbuch bezieht (Waagen a. a. 0. III, 339), oder auf das vom
Herzog von Aumale acquirirte (wie Waagen später in v. Quast Zeitschr. II, 231
annimmt], kann hier dahingestellt bleiben. Vergl. die Notiz des Katalogs
bei Barrois a. a. O. pag. 99 und Nro. 586, und de Laborde, les ducs de
Bourgogne I, pag. CXXI.