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Wandmalerei.
immer aus mehreren, selbst die kleineren, für den Privatbesitz
bestellten, aus zwei oder drei Tafeln, Welche zusammengelegt
sich deckten und so für den Transport und für das Aufstellen
geeignet waren. Es Waren eben tragbare Altäre. Noch viel mehr
bildeten dann die kirchlichen Altäre eine vollständige Innenarchi-
tektur von rhythmischen Verhältnissen ihrer Theile, der mittlere
grösser, die auf beiden Seiten kleiner und untergeordnet. Daraus
ergaben sich dann Folgerungen für Form und Inhalt dieser
Theile, welche Wir stets festgehalten finden, der mittlere Raum
enthält die Hauptpersonen, also die hier besonders gefeierten Hei-
ligen oder Hergänge in grösserer und prägnanterer Ausführung,
in Holzsculptur oder doch in mehr statuarischer Haltung,
während die Flügelbilder gewissermassen das Gefolge, nämlich
andere an dieser Stelle weniger gefeierte Heilige, oder den Com-
mentar des Mittelstückes geben, also wenn dies aus einzelnen
Figuren besteht, ihre Geschichte, wenn schon selbst aus einem
geschichtlichen Hergange das Vorher und Nachher. Dies letzte
ist aber eine Ausnahme und in der Regel bringt es der Begriff
des Stehens, den man mit dem Tafelbilde verband, mit sich, dass
auch die einzelnen Figuren wie Standbilder behandelt sind und
mit statuarischer Haltung in architektonisch begränzten Feldern
stehen, deren Einrahmung meistens nicht gemalt, sondern in Holz
oder Gyps reliefartig ausgeführt ist, so dass das ganze Bild wie
eine Reihe von Nischen erscheint. Während also die Plastik maleri-
sche Motive aufnahm und sich gern in Farben zeigte, eignete die
Malerei sich plastische Elemente an, beide Künste näherten sich
und gingen fast in einander über. Aber die Malerei war es,
welche bei dieser Gemeinsamkeit gewann, weil die ganze 'l'en_
denz eine malerische, mehr auf Seelenausdruck und Tiefe der
Empfindung, als auf die gleichmiissige Schönheit ruhiger Er-
scheinung gerichtete War.
Während die Tafelmalerei so eine tiefe, noch ungekannte
religiöse Weihe erlangt, tritt die Wandmalerei entschieden
zurück. In den Kirchen finden wir sie selten, dagegen wurde
sie in den Schlössern und Häusern, und zwar nicht blos wie
in der vorigen Epoche der Könige, sondern selbst der Ritter
häufig verwendet. Chaucer scheint in seinem an Sittenschilde-