Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Tafe 
malerei. 
Weder die geistlichen XVürdenträger noch die Fürsten so willig 
zu den grossen Beiträgen, welche diese Werke, oder welche die 
goldenen und silbernen Aufsätze forderten, mit denen man die 
Altäre zu schmücken pflegte. Der Eifer zu frommen Stiftungen 
War dagegen mehr an die mittleren Stände gelangt, die das 
minder kostbare, in der VVerkstatt des städtischen Meisters in 
kurzer Zeit vollendete 'l'afelbild vorzogen. Auch die Frömmig- 
keit war cine andere geworden, sie war persönlicher, verlangte 
nach bestimmten Beziehungen zu bestimmten heiligen Gestalten. 
Die epische Ruhe der Wandmalerei genügte ihr nicht mehr, sie 
brauchte eine Technik, welche den lyrischen Ausdruck himmli. 
scher Barmherzigkeit und menschlicher Inbrunst tiefer, eindring- 
licher wiederzugeben wusste. Diese Technik hatte sich aber in 
den Werkstätten der bürgerlichen Handwerker durch ihren aus- 
dauernden Fleiss und ihr sinniges Wesen gebildet, und wurde als 
das Neue und Zeitgemässe von ihnen mit Eifer gepflegt und 
durch den Austausch von Handgriffen und Kunstmitteln anhal- 
tend gefördert. Während in den Klöstern dieselben Regeln ruhig 
von einer Generation auf die andere übergegangen waren, und 
sich Jahrhunderte lang erhielten, erkennen wir jetzt ein eifrigen 
Forschen und Versuchen. Es kam besonders darauf an, gute 
FarbestoHe und ein Bindemittel zu finden, welches dem Maler 
gestattete, durch wiederholtes Uebergehen die gründlichere Mo- 
dellirung, weichere Schattirung und den tieferen Gefühlsausdruck 
zu erlangen, Welche der jetzige Geschmack forderte. Man 
vrürlschte die Bilder möglichst glänzend, theils in Erinnerung an 
den Metallglanz des früheren Altarschmuckes, theils wegen der 
Nachbarschaft der Glasgemälde, theils weil dieser Glanz der 
heiligen Gestalten würdig, ein Symbol und Zeichen ihrer himm- 
lischen Glorie schien. Man malte daher auf Gold grund und 
bedurfte, um d agegen aufzukommen, kräftig dunkeler, aber auch 
lebendig leuchtender Farben. Man würde sich dazu des Oeles 
bedient haben, das man zu deeorativen Malereien und zum Au- 
streichen von steinernen Statuen häufig verwendete und das daher 
in noch erhaltenen Rechnungen über die malerische Ausstattung 
der Paläste in grossen Quantitäten vorkommt; aber man kannte 
nur dickflüssige, schwer trocknende Oele, welche für feinere
	        
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