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Plastik
und
Malerei.
standtheile derselben, die architektonische Haltung, die strenge,
fast geometrische Linienführung, die typische Gleichheit der Ge-
stalten gewannen jetzt bei der besseren körperlichen Durchbil-
dung derselben und neben den Zügen freieren Gefühls eine neue
positive Bedeutung, indem auch sie auf Freiheit zu beruhen und
der Ausdruck einer durchgehenden (lemüthig frommen Stimmung
zu sein schienen.
Auch eine andere Schwäche dieser Epoche, die unvollkom-
mene Kenntniss der Natur, gehörte zu den Beschränkungen,
welche unter der Hand der besseren Meister Vorzüge wurden;
denn nur dadurch wurde es ihnen möglich, den Gefühlsausdruck,
nach welchem sie strebten, so stark und ungetrübt zu geben, wie
sie selbst ihn empfanden. Schon die vorherrschende typische
Körperbildung war durch den Einfluss der allgemeinen Stim-
mung so festgestellt, dass sie jenen Gefühlsausdruck begün-
stigte. Die Aelmlichkeit der Gestalten unter einander, das reine
Oval der Gesichter, die Zartheit ihrer Theile , die ungewöhnliche
Schlankheit der Körper, das weiche Biegen und Neigen, alles
dies dient dazu, uns in eine ideale XVelt zu versetzen, wo die
Schwere des Materiellen nicht so drückt wie auf der Erde, und
die trennende Eigenartigkeit geringer, die Empfindung wärmer,
liebevoller, hingebender ist. Diese Stimmung theilt sich dem Be-
schauer mit und macht ihn empfänglich für die feineren Andeu-
tungen des Künstlers, durch Welche er in seinen einzelnen Ge-
stalten die verschiedenen Steigerungen und Nüancen verwandter
Gefühle, religiöse Sehnsucht, Innigkeit, Andacht, Zärtlichkeit,
anmuthige Naivetät oder ritterliche Eleganz und Kühnheit aus-
zudrücken sucht. Auch auf höheren Stufen der Kunst kommt es
vor, dass gewisse, der herrschenden Stimmung zusagende Kör-
perbildungeil immer wiederkehren, und wir sind dann geneigt,
dies Verfahren, weil es der Mannigfaltigkeit der Natur nicht
entspricht, als Manier zu tadeln. Aber dieser Tadel setzt voraus,
dass die Künstler aus Willkür oder Bequemlichkeit von der
Natur abweichen, dass sie also nicht blos die objective, sondern
die subjective Wahrheit verletzen. Hier dagegen auf der Stufe
naiver Kunstübung ist eine solche typische Auffassung die na-
türliche Aeusserung einfacher Zustände, wo nur wenige gleich-