Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Günstige 
Umstände. 
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in den VVirkungeil der Kunst einen Antrieb sie zu befördern, den 
Bürgern trat sie durch den städtischen Betrieb näher und ihre 
Genossenschaften liebten sie zu beschäftigen, bei den Rittern ge- 
hörte sie zum standesgemässen Luxus, und die Fürsten schmück- 
ten nicht nur ihre Kapellen und klösterlichen Stiftungen mit 
höchster künstlerischer Pracht, sondern sammelten schon in ihren 
Schatzkammern neben anderen Kleinodien auch Kunstwerke und 
hielten wohl gar einen Maler unter ihrem Hofgesinde. 
Dieser gesteigerten Nachfrage kam dann auch die Kunst, 
wenn ich so sagen darf, mit ihrem Angebot entgegen; gerade 
jetzt war sie zu diesem Dienste reif geworden. Die Architektur 
hatte die in ihr enthaltenen plastischen und malerischen Elemente 
so sehr genährt, dass sie sie nicht mehr in ihrem Sehosse bergen 
konnte; das üppig wuchernde Ornament löste sich von dem ei- 
gentlich Baulichen, liess diesem nur die nackte Construction und 
die Raumverhältnisse übrig und gestaltete sich zu selbstständigen 
decorativen Werken, welche dann nothwendig ihre geistige 
Leere durch die Ausbildung bedeutsamen Bildwerks füllen muss- 
ten. Es ist wieder ein Beweis der wunderbaren inneren Einheit 
des gesammteil geistigen Lebens, dass die Kunst vermöge ihres 
eigenen Entwickelungsgesetzes den Anforderungen entsprach, 
welche aus den sittlich-religiösen Bedürfnissen der Zeit er- 
wuchsen.  
Zu einer völligen Emancipation der Plastik und Malerei von 
der Architektur kam es indessen noch keinesweges; das einigende 
Band, welches alle bildenden Künste zusammenhielt, wurde mn' 
erweitert, nicht zerrissen. Es ist vielmehr merkwürdig, wie nahe 
sie noch stehen und mit einander Schritt halten. Wenn man an 
Statuen und auf Bildern die Gestalten wie von übermiissigem 
Wachsthume emporgereckt, in Weicher Körperbiegung geneigt, 
mit langen, weichgeschivungenen Gewandfalten bedeckt sieht, 
glaubt man den unmittelbaren Einfluss moralischer Motive, der 
conventionellen Sitte, hötischer Zierliehkeit und wahren Gefühls 
oder angenommener Sentimentalität zu erkennen. Blickt man 
dann aber auf die Architektur, so findet man ganz dieselben 
Formgedanlaen; auch hier das überschlanke Aufstreben und 
weiche Biegen, die Vorliebe für geschweifte Linien, die Häufung 
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