Siebentes
Kapitel.
Die
darstellenden
Künste.
Es ist einleuchtend, dass die Stimmung der Zeit, wie wir sie
oben näher kennen gelernt haben, den darstellenden Künsten
günstig sein musste. Die Prachtliebe der Grossen, der behag-
liche Luxus der mittleren Stände, die unermüdliche Schaulust der
Menge kam ihnen zu Statten, und jenes Bedürfniss nach Beleh-
rung durch sinnliche Anschauung, auf dem die Vorliebe für die
Allegorie und ähnliche Erscheinungen beruheten, fand in der
Malerei die gründlichste und zugleich leichteste Befriedigung.
Dazu kamen dann tiefere Ursachen; die VVelt war aus dem Sta-
dium des Gemcingefühls in das der persönlichen Empfindung
übergegangen; die LiCiJBSWäHTIB und Innigkeit, die religiöse
Sehnsucht, welche die Gemüther erregte, forderte einen künst-
lerischen Ausdruck, den ihr nicht mehr die Architektur, sondern
nur die darstellende Kunst, besonders die Malerei gewähren
konnte. Susois früher angeführter Wunsch , dass jeder Gottes-
freund allezeit etwas guter Bilder haben möge, um sich daran zu
erquicken, wurde gewiss von Vielen getheilt, und zwar nicht
blos von den geförderten Gottesfreunden, sondern ebensosehr,
ja noch viel mehr von der grossen Menge, welche durch die
sinnliche Anschauung heiliger Gestalten wenigstens vorüber-
gehende Gefühle der Andacht oder der Erfüllung frommer Pflich-
ten erlangte. Der Besitz von Andachtsbildern wurde unter den
höheren Ständen Modesache und die Stiftungen kirchlicher Bild-
Werke waren noch niemals so zahlreich gewesen wie jetzt. Alle
Stände nahmen an dieser Kunstpflege Antheil. Die Geistlichen
und Mönche, wenn auch nicht mehr schöpferisch thätig, fanden