Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Einleitung. 
discher Erkenntniss zu besitzen; man säumte nicht, sie sofort 
auf anderen Gebieten zu benutzen. Gerade eines solchen Mittels 
bedurfte man (lringend. Die Fragen des Rechts, des öffentlichen 
und privaten, des kanonischen lmd weltlichen, hatten sich mehr 
und mehr gehäuft und waren durch willkürliche und unlogische 
Entscheidungen in heillose Verwirrung gerathen. Neue , durch 
veränderte Sitten entstandene Krankheiten und die verheerenden 
Seuchen, Welche so oft Wiederkehrten, machten den Ruf nach 
ärztlicher Hülfe immer dringender. Eine Fülle des Stoffes, 
welche wissenschaftlicher Sichtung bedurfte, lag vor. Bisher 
hatte man juristische und medicinische Kenntnisse nur aus Ita- 
lien geholt, wo sie in traditioneller XVeise gelehrt wurden; jetzt, 
im Selbstgefühle scholastischer Meisterschaft, nahm man nicht 
Anstand, auch diesseits der Alpen Lehrstühle für diese welt- 
lichen Disciplinen zu errichten. Während hier bisher Paris und 
Oxford die einzigen Sitze und zwar nur theologischer Studien 
gewesen waren, gründete man nun in allen Ländern neue Uni- 
versitäten mit allgemeinem Wissenschaftlichen Zwecke, zu denen 
die wissbegierige Jugend strömte. Die Scholastik war die 
Gründerin dieser neuen Hochschulen, sie bildete die ausschliess- 
liche Methode und Behandlungsweise aller YVissenschaftcn, sie 
War das hauptsächliche Resultat, welches die Jünger nach 
Hause brachten. Die Scholastik durchdringt daher alle Verhält- 
nisse,.der logische Schluss ist das Universalmittel zur Lösung 
aller Fragen, selbst der höchsten. Kaiser Ludwig ruft gegen die 
päpstlichen Ansprüche den berühmtesten Scholastiker zu Hülfe, 
und während des Schisma hält die Pariser Universität sich er- 
mächtigt, selbstständig das Wort zu ergreifen, und im Namen 
der ganzen Christenheit die Berufung eines allgemeinen Concils 
zu fordern. Und wie im Grossen, so im Kleinen; die Welt be- 
wegte sich nach dem Takte des Syllogismus. 
Man muss anerkennen, dass die VVirkung dieser schola- 
stischen WVissensehaft im Allgemeinen eine günstige war; sie 
brachte Einheit in die bunte Mannigfaltigkeit der X7erhältnisse, 
bildete beim Verfall der Kirche ein neues Band der abendländi- 
schen Völker, gab den Nationalsprachen logische Schärfe und 
bereitete überhaupt der späteren europäischen Wissenschaftlich-
	        
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