Marienkirche
ZU
Danzig.
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Der erste im Jahre 1343 gegründete, 1359 vollendete Bau von
mässigen Dimensionen und mit niedrigen Seitenschißen genügte
der mächtig anwachsenden Stadt, die schon damals ihre Schiffe
bis nach Portugal und Spanien sendete und Factoreien wie in
London so in Novgorod hatte, sehr bald nicht mehr, und wurde
1402 zu einer gewaltigen, weiträumigen Anlage erweitert, die
im Flächeninhalte nur wenigen der grössten Münster Deutsch-
lands nachsteht. Der Plan ist von höchster Einfachheit; ein latei-
nisches Kreuz mit geringer Ausladung der Kreuzarme, der Chor
rechtwinkelig geschlossen und, wie das Langhaus und die Quer-
arme, dreischiflig und auf den Seiten (nicht auf den Schlusswän-
den) von flachen, durch die ins Innere gezogenen Strebepfeiler
gebildeten Kapellen begleitet, die Seitenschilfe breit, die Pfeiler-
stellung eng, diese etwa die Hälfte, jene zwei Drittel der Mittel-
sehifl? breite. Die bedeutende Länge (des Hauptarmes etwa 300,
des Querarmes 210 Fuss), die gewaltige Höhe (96 Fuss], die
schlanke Gestalt der dichtgestellten Pfeiler und die grosse Zahl
mächtiger Hallen, die sich um die Vierung des Kreuzes lagern,
geben dem Inneren eine erhebende Würde und ausgezeichnete
Schönheit; die Poesie, deren die Hallenkirche fähig ist, hat viel-
leicht nirgends einen volleren Ausdruck gefunden. Die Erschei-
nung des Aeusseren ist dadurch bedingt, dass auch die Kapellen
die volle Höhe der Schiffe haben und mithin überall keine Ab-
stufung der Höhe eintritt, und dass ferner die Bedachung nicht,
und seine Bauwerke, 1846 -1855, schöne malerische Ansichten nebst
architektonischen Details publicirt hat. Der gemeinsamen Arbeit Beider ver-
dankt man die Ermittelung der Fundamente der älteren Kirche, welche ein
Langhaus von 87 Fuss Breite und 113 Fuss Länge, dabei aber, wie man an
den Kämpfergesimsen der Pfeiler im südlichen Seitenschiife erkennt, niedrige
Seitenschiffe hatte. Die Fundamente des Ohores haben nicht aufgegraben wer-
den können und es ist eine blosse Vermuthung, wenn Schultz annimmt, dass
er Polygongestalt gehabt habe. Derselbe glaubt auch bei den Kirchen St. Ka-
tharina und St. Peter und Paul die Spuren eines solchen Chorschlusses zu er-
kennen; allein die schräggestellten Strebepfeiler, welche er dafür hält, beweisen
nur (was auch aus anderen Gründen anzunehmen], dass der Chor ursprünglich
einschifüg und rechtwinkelig geschlossen war und erst später die gleichhohen
Seitenschiife erhalten hat. Aeltere Abbildungen der Danziger Kirchen in
Curicke's Beschreibung von Danzig, 1688, für ihre Zeit sehr gut, Grundrisse
in dem S. 353 angeführten Werke von Ranisch.