Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Pommern. 
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Kenntniss desselben war, zum zweiten Male erfunden ist. Ueber- 
haupt ist der Bau auch im Innern sehr belebt, namentlich hat der 
Raum unter den Oberlichtern nicht blos Blendnischen, sondern 
auch einen dmchbrochenen Rosettenfries. Ein anderes Zeichen 
pommerischer Einwirkung ist, dass ungeachtet des Strebens nach 
Eleganz doch wieder die Rohheit vorkommt, dass die Oberlichter, 
wie an anderen grossen Kirchen dieser Gegend, z. B. an der Ma- 
rienkirche zu Stralsund, mit geradlinigem VVinkel überdeckt sind. 
Andererseits aber verbreitete sich dann auch von hier aus jene 
märkische Decoratiousweise, die wir in der benachbarten Marien- 
kirche zu Freienwalde und in der Stephanskirche zu Garz an 
der Oder wiederfinden. WVir erkennen also in der Architektur 
dieser Gegend überall das Eindringen der in den Nachbarländern 
entwickelten Formenii). 
Sehr viel selbstständiger erscheint die Architektur der letzten 
Provinz, die wir zu betrachten haben, des Ordensgebietes in 
Preussen. Es war die jüngste und unter anderen Verhältnissen 
zu Stande gekommene Eroberung der deutschen Cultur. Wäh- 
rend in den anderen östlichen Marken die Colonisation erst durch 
lange Gränzkriege und durch allmäliges Vordringen deutscher 
Einwanderer vorbereitet war, während dort weltliche Fürsten das 
Land an ritterliche Lehnsleute oder an geistliche Institute ver- 
liehen, welche dann nach verschiedenen Ansichten und mit ver- 
einzelten Kräften verfuhren, War es hier ein grosser Orden, durch 
klösterliche und militairische Discipliti zu einem Ganzen verbun- 
den und von Einem Geiste beseelt, der nach hartnäckigem Kämpfe 
4') Auch in Pommern linden sich einige Polygonkapellen. Zwei davon 
auf Kirchhöfen belegen und den Namen der h. Gertrud führend, also oifenbar 
Grabkapellen, haben zw ölf e ckige Gestalt, die eine, zu Wolgast, mit einem 
Mittelpfeiler, welcher das reiche Stemgewölbe trägt, die andere, zu Rü gen- 
Walde, mit einem sechseckigen, von sechs Pfeilern gestützten Mittelraume, 
beide von grosser Schönheit der Ausführung. Dass man der Oentralform (in 
den "Karnern" der südöstlichen Provinzen in wirklich kreisförmiger, hier in 
zwölfeckiger Gestalt) bei Grabkapellen den Vorzug gab, hatte offenbar eine 
Beziehung auf das h. Grab in Jerusalem. Zwei achteckige Kapellen, die der 
h. Apollonia, neben der Marienkirche zu Stralsund, und die des Georgenhospi- 
tals zu Stolpe, scheinen keine andere Bedeutung zu haben, als die einer ver- 
einzelten Stiftung, und sind mit der Annenkapelle neben der Marienkirche zu 
Heiligenstadt (Puttrich II, 2, Taf. 14) zu vergleichen. Kugler a. a. O. S. 740.
	        
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