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Einleitung.
der zu fordern und die Burgen feindlicher Ritter zu brechen. Bald
erweiterten sich dann auch ihre Blicke und sie traten in Bü n d-
nisse zusammen, welche sie zu dem Bange von politischen
Mächten erhoben. Die siegreiche Flotte der norddeutschen Hansa
konnte dem dänischen Könige in seiner Hauptstadt Gesetze vor-
schreiben, und die verbündeten fränkischen und schwäbischen
Städte stellten grosse Heere ins Feld. Es war dahin gekommen,
dass der Kaiser selbst diese Bündnisse begünstigte und von
ihnen die Herstellung des Landfriedens hoffte. Sittliches Selbst-
gefiihl, Muth, Festigkeit, Rechtlichkeit, Treue des Wortes,
Milde waren bei den edleren Bürgern dieser mächtigen Städte
gewiss in gleichem, Umsicht und Weltklugheit in höherem
Grade anzutreffen, als in ritterlichen Kreisen. Allein den Repu-
bliken der alten Welt glichen diese Städte noch keinesweges;
sie beruheten nicht auf urspriinglichem, eigenem Rechte, sondern
auf verliehenen Privilegien; in den Begriff des Lehnsstaates, der
gerade jetzt mehr wie je die Grundlage des öffentlichen Lebens
bildete, passten sie nur unvollkommen hinein. Ilandel und Ge-
werbe und mithin materielles Interesse walteten vor, ein begei-
sterndes, ideales Element fehlte, und ihre Bürger konnten sich
neben den höheren Ständen, wenn sie auch über ihre hohlen und
brodlosen Prätentionen spotteten, eines Gefühls ihrer niedrigeren
Stellung nicht erwehren.
Aehnlich wie dem Ritterthume der Waffen erging es dem
der VVissenschaft, der Scholastik. Auch sie erhielt sich in
gleicher, ja selbst in glänzenderer Weise, wie bisher, ihre Hör-
säle hatten denselben Zulauf, ihre Lehrer wurden nicht weniger
gefeiert, politischer Einfluss und die Gunst der Grossen wurde
ihnen sogar in höherem Maasse zu Theil. Aber ihr wissen-
schaftliches Ziel war nicht blos noch nicht erreicht, sondern auf-
gegeben; ganz andere Zwecke waren an seine Stelle getreten.
Die ersten scholastischen Denker hatten dem Bedürfnisse ihres
frommen Gemiithes und der Sache des Glaubens dadurch zu
dienen geglaubt, dass sie die Kirchenlehre dem Verstande zu-
gänglich machten; sie zweifelten nicht an der schlicsslichen
[Tebereinstimmung von Glauben und Wissen. Aber sofort er-
gaben-sich Streitpunkte; man winde genöthigt, die Beweise der