Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Einleitung. 
der zu fordern und die Burgen feindlicher Ritter zu brechen. Bald 
erweiterten sich dann auch ihre Blicke und sie traten in Bü n d- 
nisse zusammen, welche sie zu dem Bange von politischen 
Mächten erhoben. Die siegreiche Flotte der norddeutschen Hansa 
konnte dem dänischen Könige in seiner Hauptstadt Gesetze vor- 
schreiben, und die verbündeten fränkischen und schwäbischen 
Städte stellten grosse Heere ins Feld. Es war dahin gekommen, 
dass der Kaiser selbst diese Bündnisse begünstigte und von 
ihnen die Herstellung des Landfriedens hoffte. Sittliches Selbst- 
gefiihl, Muth, Festigkeit, Rechtlichkeit, Treue des Wortes, 
Milde waren bei den edleren Bürgern dieser mächtigen Städte 
gewiss in gleichem, Umsicht und Weltklugheit in höherem 
Grade anzutreffen, als in ritterlichen Kreisen. Allein den Repu- 
bliken der alten Welt glichen diese Städte noch keinesweges; 
sie beruheten nicht auf urspriinglichem, eigenem Rechte, sondern 
auf verliehenen Privilegien; in den Begriff des Lehnsstaates, der 
gerade jetzt mehr wie je die Grundlage des öffentlichen Lebens 
bildete, passten sie nur unvollkommen hinein. Ilandel und Ge- 
werbe und mithin materielles Interesse walteten vor, ein begei- 
sterndes, ideales Element fehlte, und ihre Bürger konnten sich 
neben den höheren Ständen, wenn sie auch über ihre hohlen und 
brodlosen Prätentionen spotteten, eines Gefühls ihrer niedrigeren 
Stellung nicht erwehren. 
Aehnlich wie dem Ritterthume der Waffen erging es dem 
der VVissenschaft, der Scholastik. Auch sie erhielt sich in 
gleicher, ja selbst in glänzenderer Weise, wie bisher, ihre Hör- 
säle hatten denselben Zulauf, ihre Lehrer wurden nicht weniger 
gefeiert, politischer Einfluss und die Gunst der Grossen wurde 
ihnen sogar in höherem Maasse zu Theil. Aber ihr wissen- 
schaftliches Ziel war nicht blos noch nicht erreicht, sondern auf- 
gegeben; ganz andere Zwecke waren an seine Stelle getreten. 
Die ersten scholastischen Denker hatten dem Bedürfnisse ihres 
frommen Gemiithes und der Sache des Glaubens dadurch zu 
dienen geglaubt, dass sie die Kirchenlehre dem Verstande zu- 
gänglich machten; sie zweifelten nicht an der schlicsslichen 
[Tebereinstimmung von Glauben und Wissen. Aber sofort er- 
gaben-sich Streitpunkte; man winde genöthigt, die Beweise der
	        
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