Der
deutsche
Adel.
Städtewesen.
17
Kaiser Rudolph der Sorge für sein Haus allzusehr nachgab;
aber jedenfalls vertrug sie sich nicht mit jener äussersten Ele-
ganz der Sitte, jenem Uebermaasse herausfordernden Muthes,
der fast ruhmredigcn Grossmnth gegen Gefangene, und der zur
Verschwendung ausartenden Freigebigkeit der französischen
Ritter. Endlich standen die äusseren Verhältnisse entgegen.
Jene französisch-englische Ritterschaft war durch und durch
gesellig, zu gleicher Zeit hötisch und national; sie sclwßftß Sißh
um die Könige und erwarb sich jauchzenden Beifall der Nation.
Die deutschen Ritter blieben in trotziger Freiheitsliebe einsam
auf ihren Burgen. Jene fochten Volkskriege, diese trieben sich
in dunkelen und unrühmlichen Fehden umher. Daher nahm denn
auch Alles hier einen anderen Charakter an. Auch bei uns gab
es, um nur dies zu erwähnen, Rittergesellschaften , die sich, wie
jene Orden, pomphafte und bedeutungsvolle Namen gaben, aber
es handelte sich in denselben nicht um ein romantisches Spiel
mit monarchischer 'l'cndenz, es waren vielmehr Schutz- und
'l'rutzbündnisse zu gemeinschaftlichen Fehden oder gar zu straf-
loser Begehung von Gewaltthätigkeiten, den Städten oder den
Fürsten entgegengestellt, selbst in ihren Festen roh und derb.
Schon die Namen dieser Gesellschaften lauten oft drohend; es
giebt Schlägeler, Klöppeler, brennende Löwen, aber auch die
,_,Gesellen von der alten Minne" sind nicht feiner und nicht we-
niger gefürchtet, als sie.
Alle diese Umstände, Welche die Entwickelung des Ritter-
thums hemmten, waren den Städten günstig. Wie die Für-
sten und Grossen, hatten auch sie die öffentlichen Verhältnisse
zur Begründung ihrer Selbstständigkeit benutzt, und waren
grosse Gemeinwesen geworden, welche in ihrem Schoosse ein
politisches Leben entwickelten, das Erfahrung gab und Staats-
männer bildete. In Frankreich und England waren auch die
grossen und reichen Städte, nicht blos durch die kriegerische
Kraft, sondern auch durch das geistige Uebergewicht und durch
die höhere Cultur der Aristokratie in den Schatten gestellt. In
Deutschland fühlten sie sich dieser Ritterschaft gegenüber im
Bewusstsein ihres guten Rechtes. Ihre wohlgerüSteten Scllaarell
waren unter bewährten Hauptleuten stets bereit, Geraubtes Wie-
VI. 3