Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Der 
deutsche 
Adel. 
Städtewesen. 
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Kaiser Rudolph der Sorge für sein Haus allzusehr nachgab; 
aber jedenfalls vertrug sie sich nicht mit jener äussersten Ele- 
ganz der Sitte, jenem Uebermaasse herausfordernden Muthes, 
der fast ruhmredigcn Grossmnth gegen Gefangene, und der zur 
Verschwendung ausartenden Freigebigkeit der französischen 
Ritter. Endlich standen die äusseren Verhältnisse entgegen.  
Jene französisch-englische Ritterschaft war durch und durch 
gesellig, zu gleicher Zeit hötisch und national; sie sclwßftß Sißh 
um die Könige und erwarb sich jauchzenden Beifall der Nation. 
Die deutschen Ritter blieben in trotziger Freiheitsliebe einsam 
auf ihren Burgen. Jene fochten Volkskriege, diese trieben sich 
in dunkelen und unrühmlichen Fehden umher. Daher nahm denn 
auch Alles hier einen anderen Charakter an. Auch bei uns gab 
es, um nur dies zu erwähnen, Rittergesellschaften , die sich, wie 
jene Orden, pomphafte und bedeutungsvolle Namen gaben, aber 
es handelte sich in denselben nicht um ein romantisches Spiel 
mit monarchischer 'l'cndenz, es waren vielmehr Schutz- und 
'l'rutzbündnisse zu gemeinschaftlichen Fehden oder gar zu straf- 
loser Begehung von Gewaltthätigkeiten, den Städten oder den 
Fürsten entgegengestellt, selbst in ihren Festen roh und derb. 
Schon die Namen dieser Gesellschaften lauten oft drohend; es 
giebt Schlägeler, Klöppeler, brennende Löwen, aber auch die 
,_,Gesellen von der alten Minne" sind nicht feiner und nicht we- 
niger gefürchtet, als sie. 
Alle diese Umstände, Welche die Entwickelung des Ritter- 
thums hemmten, waren den Städten günstig. Wie die Für- 
sten und Grossen, hatten auch sie die öffentlichen Verhältnisse 
zur Begründung ihrer Selbstständigkeit benutzt, und waren 
grosse Gemeinwesen geworden, welche in ihrem Schoosse ein 
politisches Leben entwickelten, das Erfahrung gab und Staats- 
männer bildete. In Frankreich und England waren auch die 
grossen und reichen Städte, nicht blos durch die kriegerische 
Kraft, sondern auch durch das geistige Uebergewicht und durch 
die höhere Cultur der Aristokratie in den Schatten gestellt. In 
Deutschland fühlten sie sich dieser Ritterschaft gegenüber im 
Bewusstsein ihres guten Rechtes. Ihre wohlgerüSteten Scllaarell 
waren unter bewährten Hauptleuten stets bereit, Geraubtes Wie- 
VI. 3
	        
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