Schlesien.
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dann die Kirche des ehemaligen Jakobsklosters (jetzt St. Vincenz)
und endlich die Kirche Corpus Christi.
Ein bedeutender Einfluss der böhmischen Schule lässt sich
nicht nachweisen, wohl aber haben diese Kirchen, ungeachtet der
erwähnten Verschiedenheit, viele gemeinsame und zum Theil
eigenthümliche Züge, so dass man sie als Werke einer beson-
dem Localschule betrachten kann. Ihre Plananlage schliesst sich
dem Gebrauche der nördlichen und östlichen deutschen Provinzen
an; sie entbehren (mit Ausnahme der Kreuzkirche, wo der ältere
Unterbau maassgebend war) des Kreuzschiffes und schliessen in
Osten theils mit drei Polygonnischen, wie die Sandkirche und St.
Elisabeth , theils mit einer, wie St. Dorothea, theils sogar recht-
winkelig, wie St. Maria Magdalena. Ungewöhnlich und von sehr
günstiger VVirkung ist aber die innere Eintheilung. Die Pfeiler-
abstände sind nämlich sehr weit, so dass sie im Mittelschilfe un-
gefähr quadrate, von einfachen Sterngewölben bedeckte Felder
bilden, und dass ihnen in den SeitenschiHen je zwei Fenster ent-
sprechen und die Lleberwölbung der hier entstehenden länglichen
Felder so bewirkt ist, dass zwischen den beiden Fenstern von einer
Console aufsteigende und zu den Pfeilern hinübergeführte Rippen sie
in drei dreieckige, jedes ans drei Kappen bestehende Gewölbfelder
theilen. Diese ungewöhnliche, in anderen Gegenden wohl auch,
aber doch nur sehr vereinzelt vorkommende Ueberwölbungsartß)
findet sich hier in fünf Kirchen, nämlich in den drei genannten
Ü Der Grundrisszeichnung nach bildet sie einen halben Stern, doch so,
dass der Punkt, von welchem die Radien strahlenförmig ausgehen, nicht wie
im wirklichen Sterngewölbe der Schlussstein, sondern der Anfang des Gewölbes
ist. Dieselbe Ueberwölbung kommt in den Kreuzgängen des Schlosses zu
Heilsberg (v. Quast, Denkmale der Baukunst in Prenssen, Heft 1], und zwar
ganz ohne nöthigende Veranlassung vor, indem an den fensterlosen Wänden
gerade auf die Mitte der nach dem Hofe geöffneten Arcade die Console ange-
bracht ist. Ausserdem scheint sie in der Jacobikirche der Neustadt zu Thorn
und zwar in ganz gleicher Weise wie "in den Breslauer Kirchen, bei quadrater
Pfeilerstellung und Doppelfenstern vor-zukommen, und endlich findet sich schon
in Heisterbach (V. 354) eine ähnliche Wölbungsart. In allen anderen Fällen,
wo solche Doppelfenster angewendet sind, hat man die Seitenschilfe entweder,
wie in St. Stephan in Wien, mit vollständigen Sterngewölben oder, wie in
Heilgenkreuz, mit einfachen Krenzgewölben unter Hinzufiigung einer fünften,
zwischen den Fenstern aufsteigenden Rippe überwölbt.