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Deutsche
Gothik.
denfalls mussten die halbfranzösischen Fürsten des Luxemburger
Hauses dieses Ansehen steigern, Aber dennoch war der Einfluss
französischer Kunst nur ein vorübergehender. Der erste uns be-
kannte Fall einer solchen Berufung ereignete sich unter der Re-
gierung, aber ohne Zuthun des unstäten Königs Johann. Der
Bischof Johann Druzic von Prag, als er im Jahre 1333 eine
Brücke über die Elbe bei Raudnitz bauen wollte, fand im Reiche
Böhmen und, wie der Chronist hinzufügt, in den benachbarten
Provinzen keinen in solchen Werken erfahrenen Meister, und
liess daher von Avignon, wo er früher mehrere Jahre am päpsp
liehen Hofe gelebt hatte, einen gewissen Meister VVilhelm kom-
men, der mit seinen Gehülfen zwei Pfeiler und einen Bogen
baute, dann aber im folgenden Jahre nach Hause zurückkehrte,
während böhmische Künstler (artilices gentis nostrae), die von
anderen F remdlingen (ab aliis advenis) vollständig unterwiesen
waren, die Brücke vollendeten Es handelte sich also nur um
einen Brückenbau 955i), für welchen am Rhonefluss eine eigene
Gilde bestand, die sogenannten fratres pontif-ices, und auch da
dauerte die Arbeit des französischen Meisters nur ein Jahr, wäh-
rend die anderen Fremdlinge, die Wirklichen Meister der Böh_
men, denn doch wohl nur Deutsche gewesen sein können. VVe__
nigstens deutet die 1330 beendete Augustinerkirche in Rülldllifz
selbst und der daran stossende, mit dem Wappen desselben Bi-
schofs bezeichnete Kreuzgang durchaus nur auf deutsche Schule
des im siebenzehzlten Jahrhundert lebenden Geschichtschreibers Hammel;
schmidt, wonach Carl in seinem Pallast: regum Franciae domum ad unguem
expressit, ist wohl nur eine Uebertreibung jener Chronikennachricht.
Wiederum Franciscus Pragensis a.
121.
0., und bei Fiorillo I,
m") Bernh. Grueber, in seinem vortrefflichen Aufsatze: „Charakteristik der
Baudenkmale Böhmens", in den Mittheil. der k. k. Central-Commission I, 217,
schreibt diesem Meister Wilhelm auch den Bau der bischöflichen Residenz in
Prag und den des Augustinerklosters in Raudnitz zu, was indessen mit der
ausführlichen Nachricht des Franciscus von Prag, der als Prager Domherr und
Zeitgenosse vollständig davon unterrichtet sein musste, unvereinbar ist. Ueber.
dies führt Grueber selbst an, dass die Augustinerkirche in Raudnitz laut darin
erhaltener Inschrift schon 1330, also vor der Berufung jenes Meisters Wilhelm,
beendet war, und dass ihre Formen eher auf süddeutsche, als auf französische
Schule deuten.