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Deutsche
Gothik.
schmecke der Zeit Vorzügliches und nicht minder reich sind die
Chorstühle; nur freilich kann das gegen den Eindruck des Leeren
und Kalten, den der Bau ungeachtet seiner kühnen Constructlon
giebt, nicht schützen. Von den Portalen sind die in die Seiten-
schiffe führenden, wie dies um diese Zeit mehrmals vorkommt,
mit vorspringenden Baldaehinen, das westliche, durch den Thurm
führende, aber mit reichem Bildwerk "Q geschmückt. Dieser
Thurm, den ich schon als einen der höchsten in Deutschland er-
wähnt habe, ist um so merkwürdiger, weil er, obgleich ganz in
Backstein, doch durch seine edle schlanke Erscheinung mit den
schönsten Gebilden des Hausteines wetteifertßltt). Die ersten
zwei Drittel der Höhe in viereckiger Form, jedoch in mehreren,
zum Theil schon verjüngten Absätzen, dann ein hohes achtecki-
ges Glockenhaus und endlich die schlanke pyramidalische Spitze,
hebt er sich bis zur Höhe von 456 Fuss und hat keinen anderen
Fehler als den einer zu grossen Häufung der Absätze.
Sehr ähnlich scheint die zweite grosse Kirche, die auf dem
Grabsteine Meisters Hans genannt ist, St. Jacob in Straubing,
freilich nur Wenige Jahre vor seinem Tode begonnen und daher
nur dem Plane nach sein Werk. Auch sie hat Hallenform mit
Kapellen zwischen den Strebepfeilern, übermässig dünne, hier
cyliildrische Pfeiler ohne Kapitale, fast gleiche gewaltige Dimen-
sionen und endlich auch einen bedeutenden, 273 Fuss hohen
Thurm, von ähnlicher Anordnung wie jener aber). Auch sein
drittes Werk, die Spitalskirche zu Landshut (1407 bis 1461) ist
eine Hallenkirche mit Rundpfeilern, doch wie es scheint mit
hallenartigem Umgange
m) Sighart a. a. 0. S. 122 giebt nur die Unterschriften der einzelnen Reliefs,
von denen die eine: Es ist vollbracht, nun wird venus vir die Welt hinausgeworfen,
eine nähere Beschreibung des Dargestellten wünschenswerth gemacht hätte.
w) Charakteristisch für den Wertb, den man auf hohe Thürme legte, die
Aeussemng des 1495 schreibenden Chronisten Veit Arnpeek: Taceo de tlrrris
sublimitate, quae omnes cum ad perfectionem venerit, totius Germaniae turres
transcendet. Bei Sighart a. a. 0. S. 117.
Vgl. den oben angeführten Aufsatz: Zur Kunstgeschichte der Regens-
burger Diöcese, Nro. 123.
i") Sighart a. a. O. S. 130. "Der Chor erscheint als blosse Fortsetzung
der Schiffe."