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Deutsche
Gothik.
wozu neben der geringen architektonischen Neigung auch der im
südlichen Deutschland seltene Mangel eines guten natürlichen
Bausteines beitragen mochte. Schon die ältesten, nach dem Be-
ginne des vierzehnten Jahrhunderts erbauten Kirchen sind voll-
ständig in Ziegeln, höchstens mit steinernen Rippen und Maass-
Werk, und daher mit bescheidenen Ansprüchen an Pracht erbaut,
aber doch nicht ohne die Anmuth, welche der Frühzeit dieses
Styls eigen ist. Die des vierzehnten Jahrhunderts sind noch
durchgängig mit niedrigen Seitenschiffen, einschiffigem, zum
Theil gerade geschlossenem Chore, immer ohne Strebebögen,
zuweilen sogar mit flacher Decke. Die erste derselben, die St.
Johanniskirche in Freising?) neben dem Dome als besonderes
Chorherrnstift gegründet und durch den Eifer des Stifters in
zwei Jahren (1319 bis 1321) vollendet, ist von mässiger Grösse
(46 Fuss Höhe unter Gewölbschluss) und grosser Einfachheit.
Die Gewölbträgel" des Mittelschitfes haben Kapitale, die Gurten
"der Seitenschitfe aber ruhen auf Consoleil, die Scheidbögeil ent-
springen sogar ohne Vermittelung aus den Pfeilern, und die
Wand zwischen ihnen und den auffallend kleinen Oberlichtern ist
leer und unbelebt. Aber die Reinheit der Formen und die Leich-
tigkeit des ltellbeleuchteten Chors macht sie doch zur lieblichsten
Zierde der Gegend. Aehnlich bei grösseren Verhältnissen, ist
die Benedictenkirche daselbst (1345) und bedeutender und
reicher die St. Jodocuskirche in Landshut, 72 Fuss hoch unter
Gewölbschlusse, von der aber aus der Bauzeit von 1338 bis 1368
jetzt nur das schöne Mittelschiff und der 'l'hurm erhalten sind.
Mit dem fünfzehnten Jahrhundert kam die Hallenfornl in
Aufnahme und wurde aussehliesslich angewendet, und dieser
gehört denn auch der grösste Bau und der Stolz dieser Gegend
an, die St. Martinskirche zu Landshutißß], deren Erbauung
von der Bürgerschaft im Jahre 1407 beschlossen und so eifrig
Eine allerdings nicht sehr genaue Innenansicht bei Sighart a. a. O_
Taf. III.
H) Ein kleiner Grundriss und Durchschnitt bei Wiebeking Taf. 5. Ol,
das im Organ für christliche Kunst III, 135 verheissene ausführliche Werk von
Schmidtner bereits erschienen, ist mir unbekannt. Eine gute Zeichnung der
Chorstühle im Organ für christliche Kunst III (1853), S. 135.