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Deutsche
Gothik.
tend, das Mittelschiff 29 Fuss breit, 53 hoch, der Chor in beiden
Beziehungen etwas kleiner, auch die Seitenschiffe nur lS Fuss
breit; die Details leiden an den Fehlern der späteren Gothik, das
Maasswerk enthält schon reichlich geschweifte und halbkreis-
förmige Linien, die Pfeiler sind ohne Kapitäle; aber ihre schlanke
Form, die sorgfältige Prolilirung der an ihnen heruntergeführteil
Gewölbgurten und überhaupt die wohlgewählten Verhältnisse
geben doch einen günstigen Eindruck de).
Zeigt die schwäbische Schule in der Anlage der Gebäude
keine grosse Originalität, so ist ihr dagegen das Verdienst
gründlicher, delicater und geschmackvoller Ausführung der 0rna-
mentalen Theile nicht abzusprechen. Ansser dem Esslingcr
Thurme beweisen dies die beiden bereits oben (S. 229 und 257)
erwähnten Zierden, Welche die alte Klosterkirche zu Bebenhau-
8811502) um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts erhielt, das
reizende Thürmchen auf der Vierung des Kreuzes und das ge-
waltige Fenster der Altarwand, beide in der That in ihrer Art
unübertroffen. Da wir von dem Thurme Wissen und von dem
unmittelbar vorher ausgeführten Fenster voraussetzen dürfen,
dass ein Cistercienserbruder Georg der Künstler war, so dienen
sie auch als Beweis, dass die Klöster noch nicht ganz die 'l'heil-
nahme an der Kunstübung aufgegeben hatten.
In den bayrischen Gegenden, nördlich der Donau bildete
der schon in der vorigen Epoche begonnene und in der gegen-
wärtigen fortdauernde Dombau zu Regensburg eine Schule,
welche der Diöcese zu Gute kam und von deren Tüchtigkeit eine
Reihe noch erhaltenerWerke Zeugniss ablegenw-dc). In B egens-
burg selbst die Minoritenkirche, schon um 1300 angefangen,
im Langhause zwar nach der VVeise der Bettelorden einfach,
mit blosser Balkendecke und schlichten Rundsäulen, der ein-
a] Nachrichten und vortreffliche Zeichnungen in Heidelofs Schwäbischen
Denkmälern. Vergl. auch Merz a. a. O. S. 361, und Lübkq im Deutschen
Kunstbl. 1855, S. 412.
M) Vergl. die schon angeführte Arbeit des Dr. Leibnitz in Hcidelofs
Kunstdenkm. Schwabens.
sw") Vergl. einen sehr umfassenden Aufsatz: Zur Kunstgeschichte der Diö-
cese Regensburg, in der Beilage zur Augsburger Postzeitung 1856, Nro. 13 ff.