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Deutsche
Gothik.
llächen, auf denen die den Gurtungen entsprechenden Kapitäle
unmotivirt aufliegen; auf der Schilfseite steigen zwar unten mit
Consolen und Statuen verzierte Dienste ununterbrochen auf, aber
da die ganze Wand über den, wegen der engen Pfeilerstellung
überaus steil gehaltenen Scheidbögen bis zu den ziemlich kleinen
Obcrlichtern völlig nackt ist, dienen sie nur dazu, die immense
Höhe fühlbar zu machen. Durch diese Leere in Verbindung mit
der dichten Pfeilerstellung und den dadurch bedingten steilen
Scheidbögen entsteht die gewiss nicht beabsichtigte XVh-kung,
dass (las Mittelschiff, ungeachtet seiner bedeutenden Breite, eng
und die Höhe, obgleich sie verhältnissmässig geringer ist wie im
Kölner Dome, iibermässig erscheint. Dazu kommt denn freilich
noch, dass der Chor (einschiffig und mit fünf Seiten des Zehn-
eckes geschlossen) nur 82 Fuss Höhe, also, obgleich mehr als
die SeitenschiHe, doch 50 Fuss Weniger als das Mittelschiff hat
und diese Differenz durch eine einfache, nur durch zwei jetzt
vermauerte Fenster verzierte Wand ausgeglichen wird, Welche
in ihrem Gegensatze gegen die Choröifnung wiederum als Maass
für die gesteigerte Höhe des Hauptschilfes dient. Das Aeusserc
ist grösstentheils unvollendet geblieben, nur der grosse Thurm
auf der Mitte der Fagade hat, so weit er überhaupt ausgeführt
ist, die ihm zugedachte Ausschmückung erhalten ili). An diesem
Thurme ist zu bedauern, (lass er ilicht, wie in Freiburg, fi-eisteht,
sondern aus dem Bau ziemlich ilnmotivirt herauswächst, was na-
mentlich in der Seitenansicht unangenehm auffällt; im Uebrigen
aber ist die ganze Anlage, wie schon oben bemerkt (S. 255),
sehr würdig und schön. Zur Ausführung ist nur der viereckige
Unterbau gekommen, welcher, mit Einschluss der kleinen mo-
dernen Spitze 307 Fuss hoch, schon weit über das Kircheudach
hinausragt, obgleich ihm Achteck und Helm fehlen. Er besteht
aus drei gewaltigen Stockwerken, der zum Portale führenden
Vorhalle mit drei von zwei schlanken Pfeilern gebildeten Bogen-
Öffllllllgßll, dem zweiten Geschoss, an welchem das Motiv der
m) Abbildungen im gegenwärtigen Zustande und im kleinen Maassstaba
bei Grüneisen und Mauch a. a. 0., des beabsichtigten vollständigen Thurmes
nach dem alten Risse bei Moller Denkmäler I, Taf. 57, bei Kallenbach a. a. O.
Taf. 70, und in der Sammlung ursprünglicher Risse von G. W. Schmidt.