Franken.
295
reich mit freilich meist aus den folgenden Jahrhunderten stam-
menden Bildwerken geschmückt, und das Ganze hat, ungeachtet
seiner spätgothisehen Details, eine grosse Anmuth und Eleganz
und entspricht sehr wohl dem Begriffe einer der Jungfrau gewid-
meten Kapelle.
In demselben Jahre, wo in Franken dies Monument der Pie-
tät eines ritterlichen Bischofs entstand, wurde in Schwaben der
Grundstein zu dem grossartigsten Denkmale städtischer Fröm-
migkeit und bürgerlichen Stolzes gelegt, zu "dem Münster in
Flm. Die Stadt, keinesweges zu den grössten des deutschen
Reiches gehörig, aber durch einträglichen Binnenhandel zu ge-
diegenem Beichthume gelangt, besass ausser mehreren Klöstern
auch eine ausschliesslich dem Pfarrgottesdienste gewidmete
Kirche, die aber ausserhalb der Mauer auf dem Gottesacker lag,
was bei der feindlichen Stellung der Stadt gegen die benachbarten
Landesherren unbequem wurde. Man beschloss daher die Ver-
legung der Pfarre in die Stadt und machte dazu einen Plan, der
uns von dem Muthe und den Mitteln der Bürgerschaft die über-
raschendsteil Vorstellungen giebt. Es war auf nichts Geringeres
abgesehen, als auf eine Kirche, deren Länge, Gewölbe und Thurm-
höhe den kolossalen Dimensionen des Kölner Domes nahe kam,
und die wirklich bis zu dem völligen Ausbau dieser Kirche die
grösseste in Deutschland urardi). Die Fundamente dazu wurden
wegen der Unzulänglichkeit des Bodens in grosser Tiefe gegra-
ben, worauf dann im Jahre 1377 der Bürgermeister Ludwig
Kraft mit grosser Feierlichkeit den Grundstein legte. So reich
die Stadt sein mochte und so gross sich im Anfange der Eifer
ihrer Bürger zeigte im), verzögerte sich dennoch der Bau in seiner
Wenigstens dem Kubikinhalte nach; im Flächenmaasse des Grund-
planes steht sie dem Speyerer Dome nach, welcher (nach Lassaulis Berech-
nung) 45,6l5, während sie 43,506 Quadratfuss enthält. Der Dom in Köln
mit 62,918 Quadratfuss lässt freilich beide weit hinter sich.
w) Der Bürgermeister und seine Hausfrau gingen mit gutem Beispiele
voran, indem sie ihre kostbaren Mäntel der Kirchenfabrik schenkten; alle
steuerten bei, und selbst von den gefangenen Leuten „im Elend" gingen ein
Kappenzipfel und ein Filzhut ein, wie Hassler in dem Vortrage: Zur Gesch.
der kirchl. Baukunst im Mittelalter, Berlin 1857, berichtet.